Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Die ül#erreichisz--ungarisete Monarchie und die Nachfolzestasten. (Okt. 22. 23.) 79 
ausschuß wird beauftragt, über die durch die Antmort Wilsons an die 
österr.-ung. Regierung geschaffene politische Lage zu beraten und der National- 
versammlung Anträge zu unterbreiten. 
Nach der Sitzung beschließt der Vollzugsausschuß, aus seiner Mitte 
3 Gruppen für die wichtigsten Arbeitsgebiete zu bilden: Krieg und Aeußeres, 
Verwaltung und Verfassung, Volkswirtschaft und Ernährung. Gruppe 1 
leitet Präsident Seitz, Gruppe 2 Präsident Dinghofer, Gruppe 3 Präsident 
Fink. Ferner wird beschlossen, die Konstituierung der Nationalversammlung 
der österr. Regierung, der ung. Regierung, den österr. Völkern und dem 
Auslande zu notifizieren. 
22. Okt. (Osterr. Abg.-Haus.) Ausschuß für Friedensverhand- 
lungen, Erklärung des Ministerpräsidenten. 
Es gelangt eine Zuschrift des Ministerpräsidenten zur Verlesung, 
worin er von der Anregung des Ministers des Aeußern Grafen Burian 
Mitteilung macht, es möge ein in freier Wahl vom Parlamente geschaffener 
Ausschuß gebildet werden, der dazu berufen wäre, mit den zu den Friedens- 
verhandlungen zu entsendenden Bevollmächtigten in ständiger Verbindung 
zu bleiben. Der Ausschuß würde analoge Funktionen wie der Hauptaus- 
schuß des deutschen Reichstages üben. 
Der Präsident erklärt, er müsse es den Parteien überlassen, einen 
Antrag auf Wahl eines solchen Ausschusses zu stellen. Dieses Ersuchen des 
Grafen Burian wird jedoch von allen Parteien mit Befremden aufgenommen, 
weil man darin eine Liquidierung der Delegationen erblickt und eine Kon- 
zession an den Standpunkt der ung. Regierung, die durch die Personalunion auch 
diesen letzten Rest der Gemeinsamkeit mit Oesterreich aufzuheben beabsichtigt. 
Hierauf gibt Ministerpräsident Frhr. v. Hussarek eine Erklärung ab, die 
inhaltlich der am Vortage im Herrenhaus (s. o.) abgegebenen entspricht. 
Zu Beginn der Rede verlassen die Tschechen und die Südslawen demon- 
strativ den Saal. Die Deutschen hören sie schweigend an. Eine Debatte 
darüber findet nicht statt. 
22. Okt. (Ung. Abg.-Haus.) Ein Antrag des Grafen Karolyi 
betr. die sofortige Inkraftsetzung der Personalunion und der Selb- 
ständigkeit Ungarns wird abgelehnt. 
Bei der Beratung des Ermächtigungsgesetzes verbreitet sich Graf Tisza 
über die Vorgänge vor dem Kriege. Er weist durch die Verlesung 
von Originalprotokollen der Ministerberatungen darauf hin, daß die Ab- 
fassung und endgültige Festlegung des an Serbien gerichteten Ultimatums 
durch ihn, der dazu berufen war, und durch die maßgebenden österr und 
ung. Faktoren erfolgt sei, und daß kein deutscher Faktor, am wenigsten 
Kaiser Wilhelm selbst, auf das Ultimatum Einfluß genommen habe. In 
der gemeinsamen Ministerkonferenz sei schon vor der Absendung des Ulti- 
matums auf Wunsch des ung. Ministerpräsidenten erklärt worden, daß, wenn 
ein Feldzug gegen Serbien nötig sein würde, dieser keinerlei erobernde Tendenz 
zeigen dürfe. Man habe stets den defensiven Charakter des Krieges betont. 
Am gleichen Tage beschließt die Nat. Arbeitspartei auf Vorschlag 
des Grafen Tisza einstimmig, sich als politische Partei aufzulösen und 
korporativ der 48er Verfassungspartei (Regierungspartei) beizutreten. Von 
den 413 Abg. gehören ihr dann etwa 300 an. 
23. Okt. Armee= und Flottenbefehl. 
Kaiser Karl erläßt folgenden Armee- und Flottenbefehl: Soldaten! 
Der Tag, der euch Heimkehr und Frieden bringen soll, rückt näher! Die
	        
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