261 nebst Nachtrag vom 20. Aug. 1879. 261
$S 67. In beiden Fällen ($ 65 und 66) tritt die Aufsicht des Königs oder
Regierungsverwesers ein, welcher deshalb das Gutachten des Regentschaftsraths
zu erholen hat. |
8 68. Sollte die verwittwete Königin vor beendigter Vormundschaft mit
Tode abgehen, oder wegen eines gesetzlichen Hindernisses die Vormundschaft
nicht führen können, so trifft der König, oder der Regierungsverweser unter
Vernehmung mit dem Regentschaftsrathe, deshalb Anordnung.
8 69. Die Prinzen des Königlichen Hauses können für die Erziehung und
die Verwaltung des Vermögens ihrer minderjährigen Kinder Vormünder ernen-
nen, die jedoch der Bestätigung des Königs bedürfen.
S$ 70. Wenn Vormünder vom Vater nicht ernannt, oder die ernannten vom
König nicht bestätigt worden sind, kommt diesem die Bestellung derselben zu.
8 71. Einer gerichtlichen Bestätigung der im Vorstehenden (8 65 bis 70)
erwähnten Vormünder bedarf es nicht.
$S 72. Die den Vormündern anvertraute Erziehung der minderjährigen
Prinzen und Prinzessinnen unterliegt der $5 gedachten Aufsicht des Königs.
$S 73. Hinsichtlich der Vermögensverwaltung haben die Vormünder die
gesetzlichen Vorschriften zu beobachten.
$ 74. Dem Könige bleibt vorbehalten, zu bestimmen, an welche Behörde
der Vormund Rechnung abzulegen und wo er Decrete oder Genehmigung einzu-
holen habe.
Neunter Abschnitt.
Gerichtsbarkeit über das Königliche Haus.
$ 75. Ueber den Gerichtsstand der Prinzen und Prinzessinnen des König-
lichen Hauses enthält das Gesetz über privilegirte Gerichtsstände Bestimmungen.
$ 76. Ausnahmen von diesen Bestimmungen treten ein
1.) nach Maasgabe des vorstehenden achten Abschnitts rücksichtlich der
Vormundschaften;
2.) soweit es auf Anwendung einer Straf- oder Disciplinargewalt ankommt;
3.) rücksichtlich der Civilstreitigkeiten der Prinzen und Prinzessinnen
unter sich.
8 77. Tritt ein Fall der $ 76 sub 2 gedachten Art ein, so hat das Ap-
pellationsgericht zu Dresden die Untersuchung zu führen, nach Schluss der Ac-
ten und geführter Vertheidigung aber das Oberappellationsgericht das Erkennt-
niss zu verabfassen, welches dem König zur Genehmigung und Bestätigung,
durch den Justizminister vorzulegen ist, der König entscheidet dann in letzter
Instanz, wobei 8 52 der Verfassungsurkunde in Anwendung zu bringen.
In den Fällen $ 76, Nr. 3, hat der Staatsminister der Justiz auf Königli-
chen Auftrag einen Versuch der gütlichen Vereinigung anzustellen. Bleibt der-
selbe ohne Erfolg, so ist die Streitigkeit zur Erörterung im Rechtswege an das
Appellationsgericht zu Dresden zu verweisen, und nach den Vorschriften zu ver-
fahren, welche das Gesetz über privilegirte Gerichtsstände bei Bestimmung des
Gerichtsstandes der Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses enthält.
Zu Entscheidung von Eheirrungen wird der König in vorkommenden Fällen je-