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und Verschwendung machten seine Regierung bald so verhasst, dass im J. 1514
ein Aufruhr ausbrach,: welchen er nur dadurch beschwichtigen konnte, dass er
im Tübinger Vertrag 1514 den Ständen eine Reihe wichtiger Rechte ein-
räumte (Reyscher a.a. O. Bd. II, S. 40 fi). „Dieser Vergleich“, sagt Spitt-
ler, „ist die Grundlage aller Freiheiten der württembergischen Unterthanen,
der erste Umriss ihres durch öffentliche Verhältnisse so genau bestimmten Ver-
hältnisses zu ihrem Regenten, das erste zuverlässige Dokument allgemeiner Pri-
vilegien“. Die Stände übernahmen neunmalhundert und zehntausend Gulden der
herzoglichen Schulden und liessen sich dafür das Recht versichern, dass der
Herzog ohne den Willen der Landschaft keinen Krieg anfangen, kein Stück vom
Lande verpfänden, keine Schatzung ausschreiben, allen den freien Zug gestatten
sollte, auch sollte niemand künftighin in peinlichen Strafen ohne Urtheil und
Recht bestraft werden. Trotz dieser Zusage zog sich Herzog Ulrich bald wieder
den allgemeinen Hass zu, wozu besonders die Ermordung des Hans von Hutten,
die Misshandlung seiner bayerischen Gemahlin und seine despotische Regierungs-
weise beitrugen. Der gewaltthätige Ueberfall der Stadt Reutlingen brachte ihn
in Konflikt mit dem mächtigen schwäbischen Bunde, durch welchen er aus sei-
nem Lande vertrieben wurde. Der Bund verkaufte nun das Land an Oester-
reich. Es kamen Zeiten harten Druckes, besonders in religiöser Beziehung, in-
dem Oesterreich alle reformatorischen Regungen gewaltsam niederhielt. Im
Bunde mit den protestantischen Fürsten verdrängte indessen Ulrich 1534 die
Oesterreicher und seine Wiedereinsetzung wurde im Vertrage von Kadan be-
stätigt, worin freilich die österreichische Lehnsherrlichkeit über Württemberg
anerkannt werden musste (Reyscher, Bd. IH, S. 75 ff). Nach Ulrichs Rück-
kehr wurde das Reformationswerk in Württemberg ungehindert durchgeführt.
Ulrich starb als der erste evangelische Herzog von Württemberg 1550. Auf ihn
folgte sein Sohn Christoph (geb. den 12. Mai 1515), einer der besten Fürsten
seiner Zeit, welcher die kirchlichen und politischen Verhältnisse des Landes mit
grosser Umsicht ordnete, die Polizei und Rechtspflege verbesserte und im J. 1555
das württembergische Landrecht publicirte.e Auch wurde unter ihm die
landständische Verfassung so ausgebildet, wie sie im wesentlichen bis zu ihrer
Auflösung bestanden hat. Auch in Reichsangelegenheiten, wie an der Spitze der
protestantischen Fürsten, erwarb sich Herzog Christoph grosses Ansehen. Auch
sorgte er durch Ausstattung und Verheirathung seines bereits 57jährigen Oheims
Georg für die Fortsetzung des württembergischen Stammes, welcher ohne diese
weise Vorsicht wahrscheinlich sonst mit dem 'Tode seines Sohnes erloschen wäre.
In einem Vergleiche zwischen Herzog Ulrich und seinem Bruder Grafen Georg
vom 22. Juni 1513 waren dem letzteren gegen Verzicht auf die übrige Erbschaft
die elsässischen Besitzungen zugesagt (Reyscher a.a.O., Bd. I, S. 139). Nach-
dem aber Christoph zur Regierung gekommen war, übertrug er durch Vergleich
vom 4. Mai 1563 (Reyscher.a.a.O., Bd. II, S.109 ff.) auf Georg und dessen
Linie zu den elsässischen Herrschaften noch die Grafschaft Mömpelgard, wozu
er nach dem Herzogsbrief vollkommen berechtigt war, da Mönipelgard und die
elsässischen Besitzungen dem untheilbaren Herzogthume nicht inkorporirt waren.