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niemanden andern als „reichs- und landesverfassungsmässigen Ge-
horsam“ zu verlangen, der Herzog soll jede Angelegenheit der Entscheidung
der verfassungsmässigen Behörde überlassen und nicht unmittelbar verfügen.
Vor allem wird der Geheime Rath als verfassungsmässige oberste Behörde be-
stätigt. In allen Landesangelegenheiten soll der Geheime Rath vom Herzoge
collegialiter vernommen werden. Die Kirchenverfassung soll durchaus aufrecht
erhalten werden, der katholische Herzog wird auf einen blossen Privatgottes-
dienst beschränkt. In allen kirchlichen Angelegenheiten entscheidet der Geheime
Rath allein. Der Herzog darf von den Ständen nicht verwilligte Steuern und
Anlagen sowohl in Kriegs- und Friedenszeiten unter keinerlei Vorwand erheben.
Auch werden bestimmte Grundrechte der Unterthanen verbrieft, freies Auswan-
derungsrecht u. s. w. Kurz, während sonst am Ende des vorigen Jahrhunderts
die landständischen Verfassungen fast überall entweder ganz verschwanden oder
völlig lahm gelegt wurden, erhielt die württembergische Verfassung in dieser Zeit
noch einmal eine grundgesetzliche Bestätigung und Erweiterung der ständischen
Rechte.
Seitdem der Herzog Karl Eugen so mit seinen Ständen einen dauernden
Frieden geschlossen hatte, nahm seine Regierung eine bessere Richtung. Einen
günstigen Einfluss auf ihn äusserte seine zweite Vermählung am 2. Febr. 1786
mit Franziska Therese, geb. von Bernardin, vorher verehelichte von Leutrum,
(geb. 1748, f 1811) '), wie überhaupt später ein langdauernder Frieden dem Her-
zog die dem Lande geschlagenen Wunden heilen half. Die rühmlichste Seite
seines Wesens war sein ausgeprägter Sinn für Kunst und Wissenschaft. Stuttgart
wurde durch ihn zu einem Sitz der Kunst erhoben und aus den Lehranstalten
des Landes, besonders aus der neugegründeten Karlsschule, gingen die ausge-
zeichnetsten Gelehrten und Künstler, unter ihnen vor allem Schiller, hervor,
sodass dieser Fürst als ein bedeutsamer Faktor in der geistigen Entwickelung
Deutschlands betrachtet werden muss. Am 11. Februar 1780 schloss er einen
Vergleich mit seinen nachgeborenen Brüdern, den Herzögen Ludwig Eugen und
Friedrich Eugen ab, die Verwaltung des Kammergutes und des gesammten Fa-
milienfideikommisses des herzoglichen Hauses betreffend, welcher die Bedeutung
eines Hausgesetzes hat. Reyscher a. a. 0. Bd. II S. 613 ff.) Darin heisst
es: „Was den Hauptgegenstand, nemlich das Fideikommiss des Herzogl. Hauses
anbelanget, so erneuern und bestätigen Seine Herzogl. Durchlaucht für Sich
und Dero Nachfolger, die darüber in den ältern und neuern Haus- und Landes-
verträgen enthaltenen Verordnungen und soll in derer Gemässheit alles, was da-
hin an Immobilibus oder Mobilibus gehöret oder infolge hinzukommen möchte,
es habe Namen, wie es immer wolle, unzertrennt bei einander bleiben, nichts
1) Pütter, Missheirathen, S. 317: .‚Diese Dane war schon vorher durch eine kaiserliche Stan-
deseyrhöhung (2. Okt. 1784) zur Gräfin von Hohenheim erhoben worden. Jetzt erklärte der Herzog,
dass sie als Herzogin anerkannt werden sollte, wozu auch die stammesritterliche Einwilligung erfolgte. Sie
bekam also alle Ehrenbezeugungen, wie sie einer standesgemässen Gemahlin gebühren. Auch nach sei-
nem Tode kam sie in den Genuss eines fürstlichen Wittbums, sie blieb ohne Leibeserben, sonst würde
sowohl im herzoglichen Hause und Lande, als beim Fürstenstande überhaupt die Sache schwerlich
uhne Widerspruch geblieben sein“.
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