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8.7 der VU. verfügt: „Erlischt der Mannesstamm, so geht die Thron-
folge auf die weibliche Linie ohne Unterschied des Geschlechtes
über und zwar so, dass die Nähe der Verwandtschaft mit dem zuletzt regie-
renden Könige und bei gleichem Verwandtschaftsgrad das Alter den Vorzug
giebt.“ Das von der VU. berufene Individuum ist aber die mit dem zuletzt re-
gierenden Könige aus dem Mannesstamme dem Grade nach am nächsten ver-
wandte Person, wobei aber im Sinne des deutschen Fürstenrechtes entschieden
die Linealgradualfolge zu Grunde gelegt werden muss, so dass erst auf die
Linie, dann auf den Grad gesehen werden muss, wie von Reyscher und Zöpfl
richtig gegen Mohl ausgeführt worden ist. (Zöpfl, Grundsätze B. I $. 253 und
Reyscher, publicistische Versuche 8. 275 ff. gegen v. Mohl, württembergisches
StR. B. II 8.25 Anm. 14 S. 166; mein Lehrbuch des deutschen Staatsr. S. 237
8. 101.) Unter mehreren gleich nahen Verwandten giebt das natürliche Alter
den Vorzug. Ob männlichen oder weiblichen Geschlechtes ist für die Person
des zuerst eintretenden Berechtigten vom Weibsstamme gleichgültig, sodass also
auch — in diesem einzigen Falle — eine Frau den Thron von Württemberg
besteigen kann. Jedoch tritt bei der Descendenz des sodann regie-
renden königlichen Hauses der Vorzug des Mannsstammes wie-
der ein.“ Die Bestimmungen über individuelle Fähigkeit des nächstberechtigten
Kognaten sind dieselben, wie für die Agnaten ($. 9 VU.). Die Volljährigkeit
des Königs tritt mit zurückgelegtem achtzehnten Jahre ein. Die Königlichen
Prinzen und Prinzessinnen werden nach zurückgelegtem einundzwanzigsten, die
übrigen Prinzen und Prinzessinnen des Hauses aber nach dem zwei und zwanzig-
sten Jahre volljährig (Hausgesetz A. 15). Ist der König minderjährig oder aus
einem andern Grunde an der eigenen Ausübung der Regierung verhindert, so
tritt eine Regentschaft (Reichsverwesung) ein (8. 11 der VU.).
In beiden Fällen wird die Regentschaft von dem der 'I'hronfolge nach
nächsten Agnaten geführt. Sollte kein dazu fähiger Agnat vorhanden sein, so
fällt die Regentschaft an die Mutter und nach dieser an die Grossmutter des
Königs von väterlicher Seite (8. 12 der VU.). Das Recht zur Regentschaft ist
daher lediglich durch die Verfassung bestimmt. Der König kann darüber nicht
einseitig verfügen. Sollte sich bei einem zunächst nach dem regierenden Könige
zur Thronfolge bestimmten Familienglied eine solche Geistes- oder Körperbe-
schaffenheit zeigen, welche demselben die eigene Verwaltung des Reiches un-
möglich machen würde, so ist noch unter der Regierung des Königs durch ein
förmliches Staatsgesetz über den künftigen Eintritt der gesetzmässigen Regent-
schaft zu entscheiden. Der Reichsverweser übt die Staatsgewalt in dem Um-
fange, wie sie dem Könige zusteht, im Namen des Königs verfassungsmässig aus,
nur einzelne Befugnisse sind ihm ausdrücklich vorenthalten. Im Falle einer
Reichsverwesung werden die dem Haupte der königlichen Familie zustehenden
Rechte über die Mitglieder des königlichen Hauses von dem Reichsverweser aus-
geübt (A. 8 des Hausges.). Die Kosten der Hofhaltung des Reichsverwesers wer-
den aus den Mitteln der Civilliste bestritten, die Apanage desselben wird bis
zum Betrage der einem Kronprinzen gebührenden erhöht ($. 106 der VU).