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l. Die Grafen von Zellern in Schwaben.
1) Ursprung des Geschlechtes!).
Wir übergehen hier die mythischen Traditionen über den Ursprung dieses
Geschlechtes, von denen besonders diejenige weit zurückgeht, welche die Zollern
mit dem römischen Geschlechte der Colonnas in Verbindung setzt. Ebenso
ist der früher behauptete Zusammenhang mit dem lombardischen Adelsgeschlecht
der Grafen Colalto nicht nachweisbar. Auch dass der heilige Meinrad im
neunten Jahrhundert zu diesem Geschlechte gehört habe, beruht auf blosser
Sage. Die ersten in zuverlässiger Weise erwähnten Glieder des Geschlechtes
von Zollern findet man im J. 1061 in „Burkard und Wezil von Zolorin“,
welche in einem der Parteikämpfe, die während der Minderjährigkeit Heinrichs IV.
Deutschland zerrütteten, getödtet wurden (Bertholdi Ann. apud Pertz Mon. VII
272: „Burkardus et Wezil de Zolorin occiduntur‘). Wahrscheinlich
ist es jedoch, dass wir die Abstammung dieser beiden zuerst genannten Zollern
auf das mächtige alamanische Geschlecht zurückzuführen haben, welches bereits
im zehnten Jahrhundert Alamanien zwei Herzöge des Namens Burkard gegeben
hat (s. g. Burkardinger). Dieser von L. Schmid aufgestellten Annahme ist auch
Graf Stillfried (in seiner Geschichte der Burg Hohenzollern 1870) beigetreten,
indem er es fast für bewiesen erachtet, dass die Vorfahren der ersten urkund-
lichen Zollern in den Burkardingischen Grafen des nahen Scherragaues zu suchen
seien, welche zum Stamme der alamanischen Herzöge gehörten. Weitere Unter-
suchungen auf diesem Gebiete sind von L. Schmid noch zu erwarten.
Als Hauptburg und ältester Stammsitz der Familie erscheint die bei
Hechingen gelegene Burg Zollern „nobile Zolre castrum, hactenus fulgens ut
astrum“. Der Name bedeutet soviel wie Söller, indem der eine weite Aussicht
gewährende Vorberg wie ein Erker oder Altan an der Westseite der schwäbi-
schen Alb dem Schwarzwalde zu hervortritt?). Die Grafschaft Zollern um-
fasste, nach L. Schmids gründlichen Forschungen, in der Mitte des XII. Jahr-
hunderts beinahe den ganzen Landstrich, der in dem Winkelraume liegt, welcher
von der Donau und dem Neckar eingeschlossen und ostwärts von einer Linie
begrenzt wird, die jenseits von der Lauchart und Steinlach hinläuft; sie um-
1) Das Verdienst, zuerst die Ahnen dieses Hauses nach Urkunden festgestellt zu haben, gebührt
dem Grafen Rudolf von Stillfried-Alkantara und dem Geh. Archivrath Dr. Traugott Märker in
den „Hohenzollerschen Forschungen“ Th. I Berlin 1847, sowie in dem grossen Quellen-
werke Monumenta Zollerana, Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Hohenzollern. Bd. I—
VII. Berlin 1852—1860. 4. 1. Bd. Reg. 1866. Ch. F. v. Stälin, Wirtemb. Geschichte Bd. II bes.
$. 28 8. 602 ff. Ludwig Schmid, Geschichte der Grafen von Zollern-Hohenberg und ihrer Graf-
schaft, Stuttgart 1862, 2 Bde, in dieser uainentlich die kritisch-historischen Untersuchungen über die
älteste Geschichte des Hauses und der Grafschaft Zollern im XII. Jahrh. 8. I-XCVIIl A.F.Kiedel,
Geschichte des preussischen Königshauses. Berlin 1862. 2 Bde. Berlin 1861. Derselbe, Die Alın-
herren des preussischen Königshauses bis gegen das Ende des XIII. Jahrb. (Abhandl. der Berliner
Akademie 1854.)
2) Graf Stillfried-Alkantara, Hohenzollern, Beschreibung und Geschichte der Burg nebst
Forschungen über den Urstamm der Grafen von Zollern. Nürnberg 1870