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dem alten schwäbischen Stammlande nach Franken verpflanzte und dadurch die
erste Grundlage zur spätern deutschen und europäischen Grösse seines Hau-
ses legte.
2) Erwerb der Burggrafschaft Nürnberg').
Die zu Nürnberg bestehende Burg befand sich im elften Jahrhundert im
unmittelbaren Besitze der fränkischen Kaiser, welche daselbst häufig ihren Hof
hielten. K. Heinrich III., welcher in den Jahren 1050 und 1061 zu Nürnberg
verweilte, verlieh dem bewohnten Orte, welcher sich am Fusse der Burg gebil-
det hatte, Markt-, Zoll- und Münzrechte und erhob somit Nürnberg zur Stadt.
Von der Errichtung einer Burggrafschaft ist zuerst im J. 1105 die Rede: es
heisst: „Kaiser Heinrich IV. habe die Burg den Burggrafen Gottfried und Kon-
rad von Ragaza zum Schutze befohlen“. Diesen Namen, der auch in abwei-
chender Form Razach, Rachs, Raabs geschrieben wird, führte eine Familie von
dem in Oesterreich, am Zusammenflusse der deutschen und der böhmischen Thaya
gelegenen Orte Raabs. Zu der Burg gehörte ein Landgebiet, welches als Graf-
schaft bezeichnet wird. Ausserdem hatte die Familie zahlreiche kleinere Besi-
tzungen im Gebiete des Herzogthums Oesterreich. Nachdem Gottfried und des-
sen Sohn Konrad von Raabs mit der Burggrafschaft beliehen worden waren,
blieb dieses Amt erblich in ihrer Familie: „castrum Noricum tamquam jure he-
reditario possidebant“. Aber schon Burggraf Konrad II. war der letzte seines
Stammes. Das Geschlecht derer von Raabs erlosch mit ihm. Seine Gemahlin
Hildegard, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Tochter des Grafen Konrad von
Abenberg und seiner Gattin Sophia, hatte ihm nur eine Tochter geboren,
wieder Sophia genannt, die ihren Vater überlebte. Diese reiche Erbtochter ver-
mählte sich mit dem Grafen Friedrich von Zollern, dem Besitzer der Stammburg
Zollern.
Aus der Verlassenschaft des letzten Burggrafen von Nürnberg aus dem
Hause Raabs konnte die Burggrafschaft nicht ohne weiteres durch Erbrecht
auf den Schwiegersohn übertragen werden, denn die Burggrafschaft war ohne
Zweifel Reichsmannlehen und fiel daher durch den Tod Konrads II. an das
Reich zurück. Die Erwerbung konnte daher nur durch einen Akt der Wieder-
verleihung erfolgen, welche von dem guten Willen des Reichsoberhauptes abhing.
Bei dem nahen Verhältnisse, in welchem sowohl Konrad II. als sein Schwieger-
sohn Friedrich von Zollern zu dem hohenstaufischen Herrscherhause standen, war
indessen eine derartige Gunst leicht zu erreichen. Daher wurde die Burg-
grafschaft nicht eigentlich „erheirathet‘“ (Sophia wird mit Unrecht als „Erb-
burggräfin“ bezeichnet), sondern durch neue Verleihung erworben. Dagegen
1) A. F. Riedel, Geschichte des preussischen Königshauses. 2 Thle. Berlin 1861, besonders
Th.1 8.67 ff. 8.445 ff. Desselben trefliche Abhandlungen: Die Ahnherrn des preussischen Kö-
nigshauses bis gegen das Ende des Xill. Jahrh. und über den Ursprung und die Natur der Burggraf-
schaft Nürnberg. (In den Schriften der Berliner Akademie 1854) R. v. Stillfried-Rattonitz,
Genealogische Geschichte der Burggrafen von Nürnberg, ein gedrucktes Manuscript. Görlitz 1844,