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in nächster Beziehung zum luxemburgischen Hause. Er diente dem König Sigis-
mund in Ungarn und setzte dessen Wahl zum deutschen Könige mit der gröss-
ten Anstrengung durch. Sigismund erkannte dies mit aufrichtiger Dankbarkeit
an und Burggraf Friedrich war der Gegenstand seiner wärmsten Erkenntlichkeit;
„erat in flagrante gratia Caesaris“ sagen die gleichzeitigen Geschichtsschreiber.
Die erwünschte Gelegenheit, sich dankbar zu bezeigen, fand Sigismund in der
Mark Brandenburg, welche ihm durch den Tod des Markgrafen Jobst im J.
1411 zugefallen war. Die Vertreter der Mannschaft und Städte kamen an sein
Hoflager nach Ofen, um ihm zu huldigen. Aber die Zustände der Marken waren
seit hundert Jahren unter den Bayern und Luxemburgern so verwildert, das
Ansehen der Landesherrschaft so untergraben, dass eine Beibehaltung im un-
mittelbaren Besitze für den weit entfernten König fast unmöglich erschien. Alle
Einnahmequellen der Landesherrschaft waren verschleudert und in den Händen
von Privatbesitzern, die starken Burgen, womit die Anhaltiner einst das Land
umgürtet hatten, waren an raublustige Ritter verpfändet und Asyle für die
Landesbeschädiger. Nirgends war der Ritterstand so verwildert wie in den
Marken. Zahlreiche Dörfer waren niedergebrannt und von ihren Bewohnern ver-
lassen. Die Städter verschlossen sich ängstlich hinter ihren Mauern, die Bewohner
des platten Landes wurden durch Raub, Brand und unerschwingliche Schatzung
genöthigt, nackend und hülflos ihre Stellen zu verlassen. Unter solchen Um-
ständen konnte Sigismund nicht daran denken, von Ungarn aus die ihm ange-
fallene Markgrafschaft zu regieren, sondern er musste sich nach einer kräftigen
Hand umsehen, welche im Lande selbst die Zügel ergreifen konnte. Er be-
stellte demgemäss den Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg
zum obersten Hauptmann und Verweser der Mark mit den aus-
gedehntesten Vollmachten. Allem Anschein nach beabsichtigte der König
gleich von Anfang an, die Markgrafschaft an Friedrich abzutreten uud ihn zum
Kurfürsten zu erheben, denn die Landesverwesung wurde nicht nur ihm, sondern
auch seinen Erben übertragen. Die weniger auffallende Form einer blossen
Statthalterschaft wurde wahrscheinlich nur fürs erste gewählt, um den damals
noch lebenden König Wenzel zur Zustimmung zu bewegen, dessen Erbansprüche
auf die Mark durch eine definitive Verleihung verletzt worden wären. Die könig-
liche Verschreibung vom 8. Juli 1411 giebt dem Burggrafen volle Macht und
Gewalt über die ganze Mark und alle dazu gehörigen Herrschaften, Land und
Leute: „denn es ist unsere wohlerwogene Absicht nichts auszunehmen, dessen
wir nicht dem Burggrafen volle Gewalt geben, allein ausgenommen die Kur
eines römischen Königs, die uns vorbehalten bleibt.“ Um den Burggrafen noch
sicherer zu stellen, verschriel Sigismund demselben und seinen Erben die Summe
von 150,000 ungarischen Goldgulden '). Aber aus den Urkunden und dem gan-
1) Dem Kaiser, der in doppelter Eigenschaft als deatscher König und Landesherr auftrat, und
den Agnaten seines Hauses, dem König Wenzel und den beiderseitigen etwaigen männlichen Nach-
kommen wurde das Wiederkaufsrecht vorbehalten. Das Wiederkaufsgeld, vorher vereinbart, sollte aus
150 000 Goldgulden bestehen, dasselbe sollte weder ab- noch aufgeschlagen werden, weder zum Nach-
thoile des Wiederverkäufers durch Anrechnung der Nutzniessung aus der Mark verringert („ohne allerlei
Abschlagung aller nütze, rente und anders, der oder das er oder seine Erben in der Verwesung der