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die zunächst zwar auf Erbrecht gerichtet, doch auch „sonst in allen andern
Sachen nach geschriebenem Kaiserrechte“ zu verfahren gebietet (L. E. Heyde-
mann, die Elemente der Joachimschen Constitution von 1527, ein Beitrag zur
Entwicklung des deutschen Rechts. 1841). Kraft landesherrlicher Autorität
suchte er eine Reformation der Städte durchzuführen, indem er eine allge-
meine Polizeiordnung für dieselben 1513 erliess, doch konnte er dieselbe
keineswegs in allen Städten durchsetzen. Noch weniger vermochte die landes-
herrliche Gewalt in dieser Zeit gegen die immer intensiver sich entwickelnde
Gutsherrlichkeit des märkischen Adels, welcher seinen Gutsbezirk gegen die
landesherrliche Einmischung abzuschliessen und den Bauer in die Gutsunter-
thänigkeit hinabzudrücken bemüht war. Adel und Prälaten einer Landschaft,
sowie eines Kreises in der Landschaft, bildeten eine geschlossene Geineinschaft,
welche in der Wahrnehmung gutsherrlicher Rechte ihr festes Band hatte. Un-
ter Joachim I. erlangte die märkische Ritterschaft für Jahrhunderte ihren kor-
porativ geschlossenen Charakter (Droysen B. II Abth. II S.61 fl.) Auf den
gemeinsamen Landtagen hatte Joachim die schwersten Kämpfe mit der Selbst-
herrlichkeit und dem Eigennutze seiner Vasallen, welche seinen staatlichen Re-
formplänen in allen Beziehungen entgegentraten. Während er selbst auf staat-
lichem Gebiete alles neu gestalten wollte, stellte er sich der kirchlichen Re-
formation mit zäher Hartnäckigkeit entgegen und suchte mit allen Mitteln die
alte Kirche zu erhalten. In seinem Testamente vom 22. Okt. 1534 verordnete
er, im Widerspruche mit dem Hausgesetze seines Grossvaters, der berühnıten
Achilles, die Theilung seiner märkischen Lande; die Kurwürde und
das grössere Gebiet sollte der Kurprinz, die Neumark, das Land Sternberg,
Krossen, Kotbus und Peitz sein jüngerer Sohn Markgraf Johann haben.
Joachim II. (Hektor) 1535—1591 trat am 1. Nov. 1539 gegen seines Vaters
Anordnung zur evangelischen Kirche über und erliess die erste märkische Kir-
chenordnung. Die durch ihn aus fürstlicher Machtvollkommenheit vollzogene
Reformation legt von nun an auch das Kirchenregiment in die Hände des I.an-
desherrn. War dadurch einerseits ein Machtzuwachs gewonnen, so nöthigte
andererseits die grosse Schuldenlast diesen Fürsten zu einer Transaktion
mit seinen Landständen, welche letzteren weitgehende Mitregierungsrechte aus-
drücklich verbriefte. Es sollte von nun an keine wichtige Sache, „daran der
JLande Gedeih und Verderb gelegen“, vorgenommen, kein Bündniss mit Auswär-
tigen geschlossen werden, ohne Rath und Bewilligung der gemeinen Landstände.
(I.andtagsrevers K. Joachims Il. von 1540 bei Mylius VI Nr. XXIII p. 66 ff.)
Die von ihnen bewilligten Steuern sollten von ihnen selbst erhoben und von
den Städten in ihrem „Städtekasten“, von den s. g. Oberständen in ihrem eigenen
„Schlosskasten“ verwahrt werden. Auf dem Landtage von 1549 bewilligten die
Stände „das neue Biergeld“, die eiuzige indirekte Steuer zur Abstossung der
Schulden (Mylius VI Nr. XXVI p. 78); aber um das Machen neuer Schulden
von Seiten des Fürsten zu verhindern, übernahmen die Landstände, als Selbst-
schuldner, die landesherrliche Schuld. Durch dieses s. g. „grosse Kredit-
werk“ war die Substanz des steuerbaren Vermögens der fürstlichen Ver-
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