37 Einleitung. 571
Bald nach diesem glücklichen Erfolge starb Kurfürst Joachim II. am
3. Jan. 1571, zehn Tage nach ihm sein jüngerer Bruder Johann von Küstrin,
letzterer ohne einen Sohn zu hinterlassen, sodass dessen Lande wieder an die
Hauptlinie zurückfielen. Seitdem sind die Lande der Markgrafschaft
Brandenburg ungetrennt beieinander geblieben.
Johann Georg, 1571—1598 vereinigte nun wieder alle märkischen Be-
sitzungen in seiner Hand. Unter Joachims II. prunkvoller und freigebiger Re-
gierung war abermals die Schuldenmasse in erschreckender Weise herangewach-
sen. Die um Deckung derselben angegangenen Stände benutzten auch diese
finanzielle Verlegenheit des Fürsten, um ihre ständischen Freiheiten zu vermeh-
ren. Das Bürgerthum wurde von dem Adel staatlich überwunden, die Städte
traten auf den gemeinsamen Landtagen in den Hintergrund, der Bauer wurde
in noch tiefere Abhängigkeit hinabgedrückt. Besiegelt wurde dieses System
durch die weitere Ausbildung der Gutsherrlichkeit auf den TLandtagen zu Berlin
und Küstrin 1572. Der Kurfürst verzichtet auf die Anlage von Zöllen in den
Gerichten des Adels, dem Adel wird das Auskaufen der Bauern gestattet. Das
Jagdrecht des Adels, sein privilegirter Gerichtsstand, seine Zollfreiheit wird an-
erkannt. Den Bauern wird der Rechtsweg au die landesherrlichen Gerichte so
gut wie versperrt. Die Bauern sind nur noch mittelbar landesherrliche Unter-
thanen, ihr eigentlich nächster, fast unumschränkte Gebieter ist der adelige
Gutsherr (Reverse von 1572 bei Mylius VI. Nr. 32 und 36). Erst unter Johann
Georgs Regierung ist der Feudalstaat auf ständischer Grundlage in den Marken
fertig geworden.
Der grosse Grundsatz, welchen Albrecht Achilles 1473 in seinem Hausge-
setz niedergelegt‘ hatte, war nicht von allen seinen Nachfolgern gewürdigt und
befolgt worden. Wir sehen, wie ihn schon Joachim I. durch sein Testament von:
22. Okt. 1534 verletzte. Auch Johaun Georg hatte 1596 in seinem Testamente
Landestheilung unter seine Söhne angeordnet, allein sein Nachfolger Kurfürst
Joachim Friedrich (1597—1608) versagte diesem Testamente nicht nur die
Anerkennung, sondern nahm von diesem Vorgange Veranlassung, die innere Ver-
fassung seines Hauses zu befestigen und auszubauen. Da sich die fränkische
Linie ihrem Erlöschen nahte, so musste das künftige Schicksal auch dieser
Lande ins Auge gefasst werden, welche zugleich ein Entschädigungsobjekt für
die Ansprüche der Nachgeborenen werden konnten '), Der Kurfürst Joachim
Friedrich trat zu diesem Zwecke mit seinem Vetter, dem Markgrafen Georg
Friedrich, dem letzten regierenden Herrn von der fränkischen Linie in Ver-
bindung. Die beiden damals allein regierenden Herrn des brandenburgischen
Hauses sandten 1598 ihre Räthe nach Gera, welche daselbst einen Haus- und
Successionsvertrag verhandelten, der am 29. April 1599 von beiden regierenden
Herrn zu Mazdeburg persönlich ratificirt wurde. Gegen diesen Vertrag prote-
stirte der nachgeborne Bruder des Kurfürsten, Prinz Christian, und verlangte,
gestützt auf das väterliche Testament, Einweisung in die Neumark. Bald darauf
1) Zur Uebersicht der damaligen Hausverhältuisse diene folgende Tabelle (vergl. 8. 542):