Von Erwerbung des Eigeuthums. 459
§. 226. Auch neu anwachsende Erdzungen und Halbinseln, welche nach und
nach entstanden sind, gehören demjenigen, an dessen Ufer sich dieselben angesetzt haben.
§. 227. In beiden Fällen 99. 225, 226 bedarf es zur Erwerbung des Eigen-
thums weiter keiner Besitzergreifung s).
§. 228. Auch wenn dergleichen Ansphlungen oder Erdzungen sich, der Breite
nach, in das Flußbette hinein, und selbst bis über die Mitte desselben erstrecken, kann
dennoch der Besitzer des gegenüber liegenden Ufers darauf keinen Anspruch machen.
§. 229. Wohl aber ist er berechtigt, an seinem Ufer solche Veranstaltungen zu
treffen, wodurch die fernere Verbreitung des gegenüber liegenden Ufers verhindert wird7).
. 230. Buhnen hingegen, und andere Anlagen, wodurch der einmal vorhan-
dene Anwuchs der Gefahr, wieder weggespült zu werden, ausgesetzt wird, darf, ohne
Erlaubniß des Staats, Niemand aulegen.
K. 231. Diese Erlaubniß soll nur alsdann ertheilt werden, wenn durch die ent-
standene Anspülung oder Erdzunge eine dem Nachbar nachtheilige Veränderung in dem
Laufe des Flusses entsteht, welche derselbe durch die gewöhnlichen Uferbefestigungen
nicht abwenden kann.
§. 232. Das Eigenthumsrecht des Uferbesitzers über die an sein Ufer stoßenden
Anspuungen und Erdzungen erstreckt sich nur so weit, als seine Grenze, der Länge
nach, reicht 8).
Meeresufer gemacht werden mochten, hänte der Satz keinen Sinn, denn da haben eben „diese Erdtheile“
keinen „bisherigen Eigenthümer“, und der Meeresstrand auch nicht. Der Satz ist aber auch in Be-
ziehung auf die Alluvion bei fließenden Binnengewässern keine Wahrheit; vielmehr ist die causn elliciens
für die Eigenthumserwerbung das natürliche Auwachsen oder Anhängen der fremden (beweglichen)
Erdtheile an dem Grund und Boden des Erwerbers, und bei dieser Erwerbung würde es nach voll-
#ogener organischer Verbindung auch dann verbleiben müssen, wenn die Ausmirtelung „des bisherigen
Eigenthümers der einzelnen Cu#thete“ möglich wäre. Aber die Unmoöglichkeit einer solchen Aus-
mittelung — das inerementum Ilatens (H. 20 lnst. l. c.; L. 9. S. 4 D. de usufructa, VII. 10—
hat eine andere natürliche Folge, nämlich die, daß von einer Ersatzpflicht des Erwerbenden für das
solchergestalt Erworbene keine Rede sein kann.) b) Die Ländereien, bei welchen Alluvion soll statt-
finden können, müssen keine bestimmt gemessenen oder natürlichen Grenzen haben; das Land muß
unmittelbar bis an den Fluß gehen. I. 7, §. 1; L. 16 D. codeem. c) Die Alluvion muß an
dem User vor sich gehen; auf die Alluvion an schon in Besitz genommenen und erworbenen Strom-
inseln finden die Vorschristen §S. 245—228 keine Anwendung. Pr. des Obertr. 809, vom 18. Jan.
1840. (4. A.) Von diesem Satze (c) ist das Obertr. wieder abgegangen; es hat nun angenommen,
daß dic allgemeinen Vorschriften über die unmitlelbare Erwerbung durch Alluvion (S#. 225—228)
auch auf schon in Besitz genommene und erworbene Strominseln Anwendung finde. Pr. 2696, vom
3. Febr. 1858 (Entsch. Bd. XXXVI, S. 52).
(5. A.) Erst wenn die Alluvion eine solche Höhe erreicht hat, daß sie ein Theil des anstoßenden
Acders oder Landes des Uferbesitzers wird, begründet sic für den Letzteren den Eigenthumserwerb; ob hier-
nach eine Alluvion für vollendet zu crachten ist. ist eine in jedem einzelnen Falle zu entscheidende Thatfrage.
Es ist hiernach die Aunahme rechtlich unrichtig, die Alluvion sei schon dann vollendet, wenn der erhöhete
Theil des Flußbettes noch andauernd und nach dem natürlichen Wasserlauf mit Wasser bedeckt ist.
esetzt auch, die Wasserhöhe sei gering, lasse das Befischen mit Kähnen nicht zu, und der Untergrund
decke sich mit Pflanzen, welche nutzbar gemacht würden, sei es Seitens des Fluß= oder Seitens des
Ufereigenthümers. Erk. dess. vom 16. Juni 1868 (Arch. f. Rechtsf. Bd. L.XXI. S. 240).
69) Das Besitzthum erweitert sich selbst, der Besitzer hat solglich mit der Sache auch den natür-
lichen An- und Zuwachs schon im Besitze. (5. A.) Anerkannt von dem Obertr. in dem Erk. vom
21. Dezember 1863, wo es ausspricht, daß es einer besouderen Besitzergreifung der allmählich ange-
spälten fremden Erdtheile nicht bedarf, was auch an sich widersinnig sein würde. (Arch. f. Rechtef.
Bd. LII, S. 189.) Vergl. Anm. 90#.
7) Wenn er aber dergleichen Anstalten nicht trifft, und es sich zuträgt, daß die Erdzunge an sein
Ufer anwächst, während der Fluß sich in der Mitec durch die Erdzunge neue Bahnen bricht, wie soll
es da gehalten werden? Das dadurch abgeschnittenc, vielleicht schon debaute, Stlück der Erdzunge muß
als Avulsion nach dem Grundsatze §§. 223 und 224 (§5. 236), das ucu angewachsene Stück hingegen
als Alluvion für den gegeuflberliegenden Uferbesitzer behandelt werden.
Vergl. 8. 237 und die Anm. 11.
8) Nicht so nach R. R.; die Bestimmung dieses §. ist neu.