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kanzlers Samuel von Cocceji!) ein, welche fast wörtlich in das preussische
Landrecht übergegangen ist, wobei freilich die Begründung, dass dem Staats-
oberhaupt gewisse Einkünfte von den Ständen oder dem Staate beigelegt
seien, auf einem geschichtlichen Irrthum oder vielmehr auf einer Fiktion beruht.
Immerhin bleibt die Erklärung der Domainen zum Staatseigenthum ein Grund-
satz, wodurch sich erst Preussen wirklich zu einem wahren grossstaatlichen
Gemeinwesen erhoben hat. Wohl konnte Suarez mit Recht sagen, dass damit
an dem alten Zustande nichts wesentliches geändert sei. Der König blieb als
Repräsentant des Staates und Staatsoberhaupt auch immerhin Träger des ge-
gesammten Staatseigenthums; als absoluter Monarch verfügte er über die Ein-
nahmen der Domainen ebenso unbeschränkt wie über die Erträge der Steuer-
kasse. „Für die thatsächlichen Verhältnisse war es wesentlich gleichgültig, ob
die Verwaltung der Domaineneinkünfte zu Regierungszwecken als Folge einer
auf den Domainen lastenden Öffentlich rechtlichen Verpflichtung oder als Folge
eines Staatseigenthums aufgefasst wurde, da der Zweck und die Unveräusser-
lichkeit der Domainen unverändert blieb und die königlichen Rechte hinsichtlich
der Verwendung der Domainenerträge, diesem Zweck gemäss gleichfalls keine
Veränderung erlitten.“ (Appellationsbeantw. S. 56). Setzten sich die Könige für
ihren eigenen Unterhalt, wie für den ihrer Familie und ihres Hofstaates auch
regelmässig eine bestimmte Summe fest, so war dies doch nichts als eine frei-
willige Selbstbeschränkung; sie nahmen von den Staatseinnahmen, beson-
ders von den Erträgen der Domainen, soviel sie wollten für sich und überliessen
nur die Ueberschüsse der Staatskasse zur Deckung der Staatsbedürfnisse.
Vor allem wichtig ist $. 11 des Titels 14, welcher die Domaine unzwei-
deutig für Staatseigenthum erklärt:
„Einzelne Grundstücke, Gefälle und Rechte, deren beson-
deres Eigenthum dem Staate und die ausschliessliche Be-
nutzung dem Oberhaupte desselben zukommt, werden Do-
mänen oder Kammergüter genannt.“
8. 12: „Auch diejenigen Güter, deren Einkünfte zum Unterhalte der Fa-
milie des Landesherrn gewidmet worden, sind als Domaine anzusehen.“ Dabei
ist es aber nicht ausgeschlossen, dass der Landesherr und das königliche Haus
Güter besitzen, welche als reines Privateigenthum derselben, wenn auch als fidei-
kommissarisch gebundenes, anzusehen sind. Dahin gehören entschieden die oben
erwähnten Güter, welche zur Dotation der Nachgeborenen durch das Testament
Friedrich Wilhelms I. gewidmet worden, aus welchem das spätere Hausfideikom-
miss erwachsen ist. Ebenso muss die seit 1788 an den K. Friedrich Wilhelm II.
1) Sam. de Cocceji Jus civ. controv. Francf. a. O. ed. III 17593. Lib. XLIX. tit. 14, de jure
fisci. Qu. IV. p. 731: „Domanium ergo consistit in reditibus certorum pracdiorum vel jurium, quae
vel ab ipso principe vel statibus provinciae vel quolibet alio ad id destinata sunt, ut ex eornm re-
ditibus principalis ımensa instruatar. .... Nam in his bonis praeter usum nihil ad principem pertinet
adeoque nudus administrator et fructuarius est, qui de substantin rei nulla rntione disponere potest.
Haec enim substantia ad provinciam pertinet et hactenus res aliena est, quam nemo alienare potest,
sed et successoribus singulis jns reditus ex his honis percipiendi quaesitum est ex parto primo-
rum constituentium.““