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Schon am 9. Okt. 1847 war der Entwurf zu einem Hausgesetze gemacht, aber
die Sache blieb im Drange der Zeit liegen!'). Von dem Prinzen Albert war der
Gedanke eines gemeinsamen Hausgesetzes für die drei Speciallinien des gothai-
schen Gesammthauses, S.-Meiningen, S.-Altenburg und Sachsen-Koburg-Gotha
angeregt worden. Da aber das Zustandekommen eines gemeinsamen Haus-
gesetzes für alle drei Speciallinien an unübersteiglichen Schwierigkeiten scheiterte,
so beschlossen die betheiligten Personen, einstweilen mit dem Erlasse eines Haus-
gesetzes für das koburg-gothaische Specialhaus vorzugehen. Dem gemeinschaft-
lichen Landtage beider Herzogthümer wurde ein Entwurf vom 19. April vor-
gelegt. Waren in dem Entwurfe auch viele Bestimmungen enthalten, welche
allein der Autonomie des fürstlichen Hauses zustanden, so war doch für andere
unbedingt die Zustimmung des Landtages erforderlich. Nachdem diese erfolgt
war, wurde das Hausgesetz für das Herzogl. Sachsen-koburg-go-
thaische Haus vom 1. März 1855 publicirt. Dabei ist das ältere Hausrecht
der Sachsen-koburgischen Linie, welches vorzugsweise auf den letztwilligen Ver-
fügungen des Herzogs Franz Josias beruht, zu Grunde gelegt worden. Dasselbe
war aber so unvollständig und entsprach den bestehenden Verhältnissen so
wenig, dass bei Ausarbeitung des neuen Hausgesetzes viel neue Bestimmungen
getroffen werden mussten. Wesentliche Grundlagen für das neue Hausgesetz
waren in dem Staatsgrundgesetze vom 3. Mai 1852, in den verschiedenen Ab-
kommen des Herzogs über die Verwaltung des Domainenvermögens, in den Sta-
tuten über die Gründung des Lichtenberger und des Greinburger Fideikomwisses
und in den neueren Verträgen über das Ernst-Albert-Fideikommiss gegeben.
Die rein staatsrechtlichen Bestimmungen über Thronfolge und Regentschaft
wurden aus dem Staatsgrundgesetze herübergenommen. Das eigentliche Neue des
Gesetzes, sein Schwerpunkt nach Raum und Inhalt, liegt in dem Abschnitte vom
Hausvermögen. Unmittelbar mit dem Hausgesetze steht in Verbindung das Ge-
setz für Gotha „die Aufhebung der Beil. III zum Staatsgrundgesetze vom 25. März
1849 betreffend‘ vom 1. März 1855. Dadurch wurde die Vereinbarung zwischen dem
Herzoge und der Abgeordnetenversammlung wegen des Staatsgutes, der Staats-
kasse, der Jahresrente des Herzogs und anderer auf den Staatshaushalt bezug-
habender Gegenstände aufgehoben. Die in den Anhängen unter A und B eut-
haltenen Verträge über eine anderweite Regulirung der Verhältnisse des Kam-
mer- und Domainenvermögens gelten als Gesetz und geniessen desselben Schu-
tzes, welchen das Staatsgrundgesetz vom 3. Mai 1852 der Verfassung des Her-
zogthums gewährt. Diese Vergleiche vom 1. März 1855 über das Domainenver-
mögen stehen im engsten Zusammenhange mit dem Hausgesetze und bilden seine
1) Gefällige Mittheilung des Herrn Geh. Staatsraths Dr. Samwer zu Gotha. Besonders interes-
sant ist dieses Hausgesetz durch die Weltstellung des Hauses Koburg, welche auch in dem Hausgeseize
nicht unberücksichtigt bleiben durfte. Belehrend sind die Verhandlungen des gemeinschattlichen Land-
tages der Herzogthümer Koburg und Gotha 1853—56. Ges.-Entw. S. 51—63. Komm.-Bericht und
Berathung 8. 62—69, 81—88, S 98--103. Die Verhandlungen des Kuburger Landtages vum 9. Febr.
1855 sind werthvoll durch eine gründliche Auseinandersetzung des alten Koburger Familienrechtes,
welche der Staatsminister von Seobach gegeben, zur Rechtfertigung des neuen Hausgesetzes ver-
schiedenen Angriffen gegenüber.