Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Dritter Band: Sachsen, Schwarzburg, Waldeck, Württemberg, Zollern. (3)

630 Einleitung. 96 
die unmittelbare Kontinuität zwischen dem alten und neuen Kaiserthum nicht 
durchführen und kann die Zeit vom 6. August 1806 bis zum 18. Jan. 1871 
nicht einfach als cin Interregnum betrachtet werden, so ist doch geschicht- 
lich der Zusammenhang zwischen dem Kaiserthum des Mittelalters und dem der 
Gegenwart von entscheidender Bedeutung, ja die Aufrichtung des letzteren wäre 
ohne jenen geschichtlichen Zusammenhang unmöglich gewesen. Trotz jener offi- 
ciellen Beziehung als eines römischen Kaiserthums deutscher Nation war auch das 
ältere Kaiserthum doch im Bewusstsein des Volkes doch immer mehr als ein natio- 
nales aufgefasst worden. Das deutsche Königthum war gewissermaassen in einem 
deutschen Kaiserthume aufgegangen, ja in der letzten Zeit hatte sich der Gebrauch 
wie von selbst ergeben, dass sich der Kaiser officiell in diplomatischen Akten- 
stücken bisweilen: „Empereur d’Allemagne‘“ nannte, (wie z. B. im Pressburger 
Frieden vom 26. Dec. 1805). Trotz der tiefgreifenden staatsrechtlichen Ver- 
schiedenheit zwischen dem älteren und dem neueren deutschen Reiche wird die 
heutige deutsche Kaiserwürde als eine Fortsetzung jener älteren angesehen, 
welche von Karl dem Grossen begründet ist, wie dies auch die Krone Karls des 
Grossen im Wappen symbolisch andeuten soll. Die deutsche Kaiserkrone 
ist somit die älteste in Europa, was auch auf die Rangverhältnisse nicht 
ohne Einfluss ist. Es ist nicht ganz ohne Bedeutung, auch äusserlich den Zu- 
sammenhang in der Regentenreihe der alten und neuen Kaiser durch die ent- 
sprechende officielle Bezifferung der Kaisernamen darzuthun. Ob für die Zu- 
kunft wieder eine Kaiserkrönung beliebt werden wird, ob dieselbe die preussische 
Königskrönung ersetzen oder neben derselben hergehen wird, steht zu erwarten. 
Jedenfalls verfügt die Reichsverfassung darüber nichts, stellt aber auch kein 
Hinderniss entgegen, sodass die Anwendung oder das Unterlassen einer solchen 
Ceremonie lediglich dem Ermessen des künftigen Kaisers anheimgestellt ist. 
Auch von der Ableistung eines Regierungseides weiss die Verfassung nichts. 
Art. 11 der Reichsverfassung bestimmt: „Das Präsidium des Bundes steht dem 
Könige von Preussen zu, welcher den Titel Deutscher Kaiser führt“. Da- 
mit ist die heutige deutsche Kaiserwürde für untrennbar von der 
preussischen Königswürde erklärt. Darum enthält die Reichsverfassung 
trotz der anerkannten Erblichkeit der Kaiserwürde keinen einzigen Satz über 
die Thronfolge des Kaisers; sie muss folgerichtig die Bestimmungen hierüber 
der preussischen Verfassung überlassen. Die Bestimmungen der preussischen 
Verfassung über die Thronfolge sind damit keineswegs Artikel der Reichsver- 
fassung geworden, sie sind vielmehr lediglich preussisches Landesstaatsrecht 
geblieben. Daraus folgt, dass der König von Preussen durch ein verfassungs- 
änderndes preussisches Landesgesetz die Thronfolge ohne jedes Zuthun der 
Reichsgewalt ändern kann. Dabei haben nur die beiden Häuser des preussischen 
Landtages, nicht die Faktoren der Reichsgesetzgebung ein entscheidendes Wort 
mitzureden. Der dann durch das so veränderte preussische Verfassungsgesetz 
auf den Thron berufene Prinz würde mit Anfall der preussischen Krone auch 
von Rechtswegen deutscher Kaiser werden. Ganz dasselbe gilt auch von der 
Regentschaft, über welche die Reichsverfassung ebenfalls nichts verfügt.
	        
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