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mentes hatte sich eines so unklaren romanisirenden Jargons bedient, dass da-
durch allen Streitigkeiten Thür und Thor geöffnet wurde. Da wird bald der
Kurprinz als „Universalerbe“ genannt und der jüngeren Herren Antheil mit dem
Nanıen eines Deputates bezeichnet, ein andermal heisst es, die jüngeren hät-
ten ihren Antheil „honorabili institutionis titulo“ erhalten, als einen Theil der
Erbschaft und als Erben. Dem zweiten Prinzen wird sein Antheil „mit landes-
fürstlicher Obrigkeit und anderen Herrlichkeiten“, dem dritten und vierten nur
mit „Herrlichkeiten“ eingeräumt. Kein Wunder, dass ein so unklar geordnetes
Verhältniss die langwierigsten Familienstreitigkeiten hervorrief. Die Nebenlinien,
besonders Zeitz, protestirten gegen jeden Eingriff in ihre landesherrlichen Rechte
und behaupteten in ihren Landestheilen „omnimodam superioritatem‘“; die Kur-
linie dagegen erklärte die Portionen der jüngeren Brüder nur für ein zum fürst-
lichen Unterhalte angewiesenes Deputat, denn es liege im Wesen der Primoge-
nitur, „dass dem Erstgeborenen zo xtoror oder die Oberterritorialgerichtsbarkeit
über das ganze Land allein zustehe“. Die Streitigkeiten über die Stellung der
nachgeborenen Linien hörten nicht auf, als bis sie völlig erloschen waren. Wir
werden zunächst die Schicksale dieser drei erloschenen Nebenlinien, dann die der
Haupt- und Kurlinie betrachten.
a. Sachsen-Weissenfels.
Gründer dieser Nebenlinie war der zweite Sohn des Kurfürsten Johann
Georg I., Herzog August, geb. 1614. Als Administrator des Erzstifts Magde-
burg 1628 postulirt, erhielt er dasselbe im Prager Frieden 1635, gelangte aber
erst 1638 in Besitz desselben. Nach seines Vaters Tode erhielt er durch den
Hauptvergleich zu Dresden vom 22. April 1657 Weissenfels und gegen Ab-
tretung der Stifte Meissen und Wurzen an die Kurlinie, die vier Magdeburger
Aemter und Städte Burg, Dahme, Jüterhogk und Querfurt, die Aemter Langen-
salza, Weissensee, Sachsenburg, Eckardsberga, Freiburg, Sangerhausen, Bebra,
Kölleda, Mücheln, Heldrungen und die Grafschaft Barby, welche nach dem Tode
des letzten Grafen August Ludwig als Lehen an Sachsen heimgefallen war. Dem
Stifter der Linie (f 1680) folgte von seinen sieben Söhnen der erstgeborene Johann
Adolf I. in der Regierung der väterlichen Lande, da schon durch das Testament
Johann Georgs I. jede weitere Iandestheilung unter den Enkeln ausgeschlossen
war. Eine Ausnahme wurde nur in Betreff der Grafschaft Barby gemacht,
welche der jüngste Sohn Heinrich erhielt und die Linie Sachsen- Weissen-
fels-Barby anlegte, welche mit seinem Sohne Georg Albert 1639 erlosch. Ihr
Gebiet fiel an die Weissenfelser Linie zurück. Diese selbst erlosch mit Johann
Adolf II, dem Enkel des Stifters, am 16. Mai 1746. Ihre Besitzungen fielen an
die Kurlinie zurück.
b. Sachsen-Merseburg.
Stifter dieser Linie war der dritte Sohn Johann Georgs I., Christian I., geb.
am 27. Okt. 1615. Er erhielt im Hauptvergleiche zu Dresden am 22. April 1657
das Stift Merseburg, dessen Administrator er war, die Niederlausitz mit den