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besonders die Observanz des sächsischen Hauses, welche von jeher die streng-
sten Ebenbürtigkeitsgrundsätze festgehalten hat. Es können hier auch die haus-
gesetzlichen Bestimmungen der ernestinischen Linie als Zeugnisse des sächsischen
Fürstenrechts herbeigezugen werden. Auch ist in der ganzen sächsischen Ge-
schichte kein Beispiel, wo Kinder aus einer unebenbürtigen Ehe zur Succession
gelangt wären.
Man unterscheidet in Betrefl des Vermögens:
1) Das Staatsgut oder die einige untheilbare Gesammtmasse dessen, was
die Krone an Territorien, Aemtern, Kammergütern, Domainen, Forsten u. 8. w.
besitzt und erwirbt, was mit allen Beständen auf den jedesmaligen Thronfolger
übergeht. Der König bezieht daraus als Aequivalent für die Domanialnutzung
des Staats eine mit den Ständen auf die Dauer seiner Regierung vereinbarte
Civilliste, welche wenigstens 500,000 Thlr. betragen muss, widrigenfalls der Kö-
nig die Nutzungen des Domainengutes wieder an sich ziehen könnte. V.U.
8.16 und 22.
2) Das k. Hausfideikommiss, bestehend besonders aus dem Inventar
und Schmuck der auf den Hofetat gebrachten Schlösser zu Dresden, Pillnitz
u.8. w., dem Haus- und Hofmobiliar, Jagdgeräth, Ställen, Sammlungen, Galle-
rien und ihren fernern Zuwächsen. Es ist Eigenthum des königlichen Hauses
und geht mit der Staatserbfolge auf jeden rechtmässigen Successor über. Es
ist vom Lande untrennbar und unveräusserlich.
3) Das Privatvermögen des Königs und der übrigen Mitglieder des
Hauses. Hierüber findet freie Verfügung statt, jedoch mit dem Unterschiede,
dass der Nachlass des Königs dem Hausfideikommiss zuwächst, wenn er nicht
darüber bei Lebzeiten verfügt hat, was in Ansehung seines vor der Thronbestei-
gung erworbenen Vermögens auch von Todes wegen geschehen kann. V.U. 8. 21.
Bei diesen Verfügungen ist der König an die bürgerlichen Gesetze nicht gebun-
den, wohl aber jedes andere Mitglied des Hauses. Hausgesetz 8. 55—60. Ueber
die Regentschaft enthält die Verfassung die nothwendigen Bestimmungen, die
Vormundschaft über die Prinzen und Prinzessinnen wird durch das Hausgesetz
8. 65—74 geregelt. Ueberhaupt sind zwischen der Verfassungsurkunde und dem
Hausgesetze die Materien des Fürstenrechts sachgemäss so vertheilt, dass die
eigentlich staatsrechtlichen Grundsätze von der Thronfolge und der Regentschaft
ganz der Verfassungsurkunde angehören, während die Vermögensrechte und die
innern Familienangelegenheiten in das Hausgesetz verwiesen sind. An letzter
Stelle behandelt das Hausgesetz den Gerichtsstand der Prinzen und Prinzessin-
nen in Straf- und Disciplinarsachen und bei civilrechtlichen Streitigkeiten unter
einander. An die Stelle dieses Abschnittes IX ist ein Nachtrag zum Hausge-
setze vom 26. August 1879 getreten, welcher die Aufgabe hat, die Vorschriften
über den Gerichtsstand und das processualische Verfahren in Civil- und Krimi-
nalsachen der neusten deutschen Gerichtsorganisation anzupassen (Urk. XVI).