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Heinrich, der andere Sohn Herzog Bernhards, erhielt die alten Stamm-
güter des Hauses, vorzüglich Aschersleben, und wurde so der nähere Stamm-
vater des anhaltischen Hauses.
Während die andern, später oder früher abgezweigten Linien der Ascanier,
wie die brandenburgischen Markgrafen, die orlamündischen, die herzoglich sächsischen
Linien zu Wittenberg und Lauenburg, ihre eigenthümlichen, mit der Geschichte
ihrer Lande eng verflochtenen Schicksale hatten, knüpft sich die Geschichte Hein-
richs I. und seiner Descendenten an die alten Stammgüter des Hauses Anhalt.
Während alle jene, dem ursprünglichen Stammsitze entfremdeten Linien längst er-
loschen sind (die brandenburgische 1320, die orlamündische 1477, die wittenbergi-
sche 1422, die lauenburgische 1689), blüht Heinrichs I. Nachkommenschaft, in
den alten Stammlanden des Geschlechtes, noch fort bis auf den heutigen Tag.
run
11. Bas Haus Anhalt von Heinrich I. bis auf die grosse Theilung in vier Linien, also von
1211 bis 1603.
Heinrich I., der Fette, nach der Angabe der meisten Historiker (auch Sten-
zels) der ältere Sohn, erhielt die Stammlande seines Hauses.
Es ist viel gestritten, worauf sich der Fürstentitel der Anhaltiner grün-
det, da allerdings Heinrich I. kein eigentliches Fürstenamt oder Ilerzogthum zu
seinem Antheil erhalten hatte. Aeltere Historiker glaubten daher eine besondere
Standeserhöhung annehmen zu müssen und nahmen an, „Kaiser Friedrich II. habe
Henricum auf den Harz und das Schloss Anbalt befürstet, dass er hinfort ein
Fürst des Harzes auf Anhalt sein solle“ ’). Eine solche ausdrückliche Erhebung
in den Fürstenstand ist aber eine blosse Fiktion und hat niemals stattgefunden.
Nach allgemeinem Reichsgebrauche war Heinrich als Sohn eines Herzogs ohne
weiteres Reichsfürst und konnte den Fürstentitel mit seinen Stammgütern verbin-
den. Wie die Zähringer den Herzogstitel von Kärnthen auf ihre Stammburg Zäh-
ringen, den Markgrafentitel von Verona auf Baden übertrugen, wie cs aus diesem
Hause Herzöge von Teck gab ohne entsprechendes Herzogthunı 2), so konnten sich
auch Heinrich und seine Nachkommen mit Fug und Recht „Princeps de Anhalt“
nennen, nicht weil Anhalt ursprünglich ein Fürstenthum war, sondern weil sje, als
dem Reichstage, im Fürstenrathe und bei andern Siaatsverliandlungen erinnerte Anhalt fortwäl-
rend an seine Ansprüche bis ans Ende des Reiches, cbenso auf dem wiener Congress und bei dem
Bundestage. Die neuesten Schritte geschahen in Folge des königlich dänischen offenen Briefes
vom 8. Juli 1846, besonders bei den in Berlin 1851 gepllogenen Verhandlungen wegen Regulirung
der holsleinischen Angelegenheit. Siehe die officielle Schrift: „Das agnalische Erbfoigerecht des
durchl. Gesammtlauses Anhalt auf dag Herzogihum Sachsen-Lauenburg.“ (Verfssser dieser Denk-
schrift ist der hochverdiente und gelehrte Präsident des Ober-Landesgerichls Dr. jur. Sintenis.)
Eine übersichtliche Darstellung der ältern Versuche, die Ansprüche auf Lauenburg geltend zu ma-
chen, siehe bei Krause Il. S. 488 — 500.
4) Beckmann Th. IV. S. 509,
2) Herm, Schulze a. a. O. S. 142.