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der Reiche, die Selbstregierung antrat. Durch schnelles Zugreifen riss dieser Fürst
1447 auch den ingolstädtischen Antheil an sich, seine Linie wurde seitdem Lands-
hut-Ingolstadt genannt. Auf Heinrich folgte im Jahre 1450 sein einziger Sohn,
Ludwig der Reiche, der sich bald nach Antritt seiner Regierung mit Herzog
Albrecht III. von München wegen des ingolstädtischen Antheils verglich; ihm folgte
abermals sein einziger Sohn, Georg der Reiche, 1479—1503. Da bei den ver-
schiedenen Erbfüllen dieser Linie immer nur Ein überlebender Sohn vorhanden
war, so kam in derselben keine Subdivision vor; dagegen fanden beim Ausgange
des Mannsstammes dieser Linie grosse Erbfolgestreitigkeiten und in Folge dersel-
ben der landshuter Erbfolgekrieg statt.
Georg der Reiche, als ‚der Letzte vom Mannsstanıme seiner Speziallinie, er-
richtete 1496 ein Testament. worin er, mit Uebergehung der münchener Agnaten,
seine Tochter Elisabeth als Erbin des ganzen niederbayerischen Herzogthums ein-
setzte und sogar ihren Gemahl Ruprecht, Pfalzgrafen bei Rhein, und dessen Fami-
lie substituirte ?).
Dieses Testament widersprach sowohl den Grundsätzen des deutschen Für-
stenrechtes überhaupt, als auch insbesondere den bayerischen Hausverträgen. Ver-
gebens waren die Vorstellungen der eigenen Räthe des Herzogs Georg, vor allen
des Kanzlers Kolberger (zum Grafen von Neukolberg erhoben), vergebens die Ein-
reden der Agnaten zu Bayern-München, der rechtmässigen Erben des Landes, ver-
gebens selbst die Vorstellung des Kaisers Maximilian, welcher auf Ansuchen des
Herzogs Albrecht dem Testament die Bestätigung versagte. Herzog Georg nahın
sein Testament nicht wieder zurück.
Seiner Tochter und deren Gemahl suchte er bei Lebzeiten die Erbfolge durch
verschiedene Bündnisse und Einräumung des Besitzes zu sichern; er starb aber,
ohne diese Absicht erreicht zu haben, amı 1. December 1503. Vor Allem kam es
nun auf die Landstände an, welche von beiden Seiten wegen der Huldigung an-
gegangen wurden, aber sich dahin entschieden, dass von ihnen eine provisori-
sche Landesregierung bis zum Austrage der Sache niederzusetzen sei. Sobald
dies aın 1. Januar 1504 geschehen war, erfolgte eine Ladung der streitenden Par-
teien auf den kaiserlichen Tag zu Augsburg, wo der Kaiser selbst einer zahlrei-
chen Versammlung von Fürsten und Herren präsidirte.e Am 5. Februar begannen
die Verhandlungen. Auf beiden Seiten plaidirten die Sachwalter in ausführlichen
Vorträgen; auf Seiten der Agnaten stand der Dr. Lamparter, würtembergischer
Kanzler, einer der grössten Rechtsgelehrten seiner Zeit; Sachwalter des Pfalzgra-
fen Ruprecht war der Domheır Leonhard von Eglofstein. Lamparter stützt
1) Ueber diesen privalfürstenrechtlich interessanten Streit siehe Mosers Staaterecht Bd. XVI
. 132. Auch sind verschiedene Urkunden davon in Lünigs R. A. part. spec. cont. 2 (vol. 8),
Pfalz S. 54 abgedruckt. Ausführlich, nach archivalischen Quellen, ist der landshuter Erbfolge-
streil dargestellt von A. Buchner Bd. \1 8.490597. Das Testament Georgs selbst, gegeben zu
Friedrichsburg bei Worma den 19. September 1496, ist abgedruckt in den Krennerschen Landlags-
verhandlungen XIV. S.63. Darin erscheint Elisabeth, seine Tochter, als einzige Erbin des Lan-
des und seiner Schätze; sie heiralhel einen Sohn Philipps. Erfolgen Söhne aus dieser Ehe, so
werden ric Nachfolger in der Regierung, wenn nicht, so kommt das ganze Erbe dessenungeachlet
an den Pfalzgrafen Philipp und seine Nachkonunenschaft und nie an Herzog Albrocht von München.