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worin er zugleich alle Besitzungen des bayerischen Hauses mit einem ewigen
Fideicommiss belegte.
Da übrigens seit 1623 die bayerische Linie die Kurwürde wieder erworben
hatte, so fanden auch alle staats- und fürstenrechtlichen Bestimmungen der golde-
nen Bulle ipso jure auf die bayerische Linie ihre Anwendung. Die Hausprimoge-
nitur beruhte daher auf einem dreifachen Grunde: auf den wiederholten vorelter-
lichen Dispositionen, auf der goldenen Bulle und der feststehenden Observanz des
Hauses ’).
Ferdinand Maria (1651 — 1679) stand nach dem Tode seines Vaters un-
ter Vormundschaft, welche in allen zur Kur gehörigen Sachen sein Oheim Albrecht,
soviel hingegen seine Erziehung und die Landesadministration betraf, die verwitt-
wete Kurfürstin Maria Anna führte.
Auf Ferdinand Maria folgte sein erstgeborner Sohn Maximilian Ema-
nuel (1679 — 1726).
Im Jahre 1685 vermählte sich Maximilian Emanuel mit Maria Antonia, Toch-
ter des Kaisers Leopold I. und der Infantin Margaretha Theresia von Spanien. Der
aus dieser The 1692 entsprossene Sohn Joseph Clemens hatte, als Enkel einer
Infantin, als Urenkel König Philipps IV., eventuelle Ansprüche auf den spanischen
Thron, welche jedoch durch den Tod desselben im Jahre 1699 verloren gingen;
trotzdem wurde Bayern in die ganze Verwirrung des spanischen Erbfolgekrieges
hineingezogen.
Durch seine Parteinahme für Frankreich kommt Maximilian Emanuel 1706 in
die Reichsacht und verliert selbst seine bayerischen Lande; durch den Frieden von
Rastatt und Baden findet 1711 indessen eine völlige Restitution seiner Erblande
und Würden, später eine gänzliche Aussöhnung mit Oesterreich statt; zur Befesti-
gung der Freundschaft vermählt sich der Kurprinz Carl Albrecht mit der Prinzes-
sin Maria Amalia, Tochter Kaiser Josephs 1.
Das Wichtigste, was Maximilian Emanuel für die Hausverfassung seines Stam-
mes that, war der Abschluss eines Vereinigungsvertrages des ganzen bayerisch-
pfälzischen Hauses am 17. Mai 1724. Es wurden darin die alten Hausver-
träge von 1490, 1524, 1673 wiederholt und dabei festgesetzt, dass von nun ab beide
Häuser sich als Zweige einer und derselben Familie betrachten und gegenseitig
sich unterstützen und vertheidigen sollen. Einhellig sollen ihre Stimmen auf den
Reichs- und Kreistagen sein; zur Abwendung alles bisherigen Streites wegen des
Reichsvikariats beschliessen Pfalz und Bayern, es in Zukunft gemeinsam
zu führen und zu diesem Endzweck ein eigenes Yikariatsgericht herzustellen; auch
die Bereithaltung bedeutender Truppenkräfte zu gegenseitiger Unterstützung wird
stipulirt. Nie stand das vereinte Haus Wittelsbach mächtiger im Reiche da:
ein Bruder des Kurfürsten von der Pfalz sass auf dem Stuhl von Trier, Clemens
August, der Bruder Maximilian Emanuels, auf dem von Cöln. Nie hat ein geist-
licher Fürst wohl mehr Stellen cumulirt, als Clemens August: er war Coadjutor
von Regensburg 1715, Bischof von Münster 1719 und Paderborn 1723, 1724 Erz-
1) Kreitimayr $. 121.