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Diese Ansprüche machte Ludwig XIV., als Bruder des Herzogs von Orleans,
geltend, anfangs mittelst schriftlicher Vorstellung des französischen Gesandten bei
der Reichsversammlung 1685, nachher aber, nach abgebrochener gütlicher Verhand-
lung, mittelst feindlicher Invasion und gänzlicher Verheerung der kurpfälzischen
Lande. Erst im ryswikischen Frieden erfolgte die Restitution der pfälzischen Lande;
die Ansprüche der Herzogin von Orleans wurden mit 300,000 Scudi abgelöst ').
Noch während des Krieges starb Philipp Wilhelm 1690, der erste Kurfürst
der neuburgischen Linie. Ihm folgte sein erstgeborner Sohn Johann Wilhelm
als Kurfürst (1690— 1716). Die durch die Achtserklärung des Kurfürsten von
Bayern errungenen Vortheile gingen durch den badischen Frieden wieder verloren;
Kurpfalz musste sich abermals mit dem begnügen, was der westfälische Friede
ihm wieder zugewendct hatte. Johann Wilhelm starb 1716 kinderlos; ibm succe-
dirte sein Bruder Carl Philipp (1716—1742). Auch dieser hinterliess keine
Söhne und mit ihm erlosch die neuburgische Linie, die Nachkommenschaft Wolf-
gang Wilhelıns, welcher als Erstgeborner, kraft des wolfgangschen Testamentes von
1559, Neuburg erhalten hatte. Nach dem Recht der Linealprimogenitur kam jetzt
die pfälzische Kur an das Geschlecht des Pfalzgrafen August, welcher, wie Wolf-
gang Wilhelm, ein Sohn Philipp Ludwigs von Neuburg, sich mit dem kleinen Erbe
in Sulzbach hatte begnügen müssen. Diese sulzbachische Linie ist somit
nur ein Nebenzweig der neuburgischen Kurlinie Schon der Sohn Au-
gusts, des Stifters dieser Linie, Christian August (1632 — 1708), trat zur katholi-
schen Kirche über; ihm folgte sein Sohn Theodor (1708— 1732), diesem sein Sohn
Johann Christian Joseph (1732— 1733), diesem sein Sohn Carl Theodor 1733,
welcher schon als Kind durch seine Mutter, Maria Anna von Auvergne, das Mar-
quisat Berg ob Zoom in den Niederlanden ererbt hatte, 1742 Kurfürst von der
Pfalz wurde und 1777 die bayerischen und pfälzischen Lande vereinigte. Allein
mit ihm erlosch auch die sulzbachische Nebenlinie des neuburgischen Hauses.
Zum Verständniss der folgenden Successivnsangelegenheiten wird ein kurzes
Eingehen auf die andern Linien nöthig, welche sich seit 1569 durch die Theilung
unter den wolfgangschen Söhnen gebildet hatten. Von den fünf Linien waren
zwei sogleich abgegangen, nämlich die zu Vohenstrauss 1597, die zu Sulzbach 1604
(nicht zu verwechseln mit der Linie Neuburg-Sulzbach, welche nur ein Nebenzweig
der neuburgischen Linie war); die erstgeborne Linie zu Neuburg ist unter Nr. 1
besprochen, wir haben daher nur noch kurz die Schicksale der Linien zu Zwei-
brücken und Birkenfeld zu berühren.
2. Die zweibrückensche Linie.
Stifter dieser Speziallinie war Johann I., Wolfgangs zweiter Sohn, wel-
cher drei Söhne hinterliess. Kraft seines Testamentes von 1594 erhielt das Für-
4) J. P. Rysw. ort. 8. Hier wurden die Ansprüche der Herzogin von Orleans zum schieds-
richterlichen Erkenntnisse des Kaisers, des Königs von Frankreich und des Papstes als Obmann
gestellt; der Papst sprach ihr 300,000 Scudi zu.