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an den frühern Grossherzog von Toscana ab. Nach Art. VII des Friedensvertrages
nimmt der Kurfürst von Bayern den Königstitel an und’ wird in dieser Eigen-
schaft vom Kaiser von Deutschland und Oesterreich anerkannt. Der Art. XIV fügt
binzu: „Der König von Bayern wird sowohl in den neuerworbenen, als in sei-
nen alten Landen volle Souveränetät „la plenitude de la souverainete‘‘ und alle
Rechte geniessen, welche davon herrühren, ganz so wie sich derselben der Kai-
ser von Oesterreich und der König von Preussen in ihren deutschen Gebieten
erfreuen.“
Dieser Satz zeigt, wie damals das Bewusstsein von der Bedeutung des Rei-
ches und der Reichsgewalt völlig erschüttert war. So lange Bayern ein Glied des
deutschen Reiches blieb, war eine „plenitude de la souverainete‘ ein staatsrecht-
licher Widerspruch.
Erst durch die Auflösung des Reiches und den Beitritt zuın Rhbeinbund trat
das Königreich Bayern unzweifelhaft in die Reihe der souveränen Staaten.
Die Erwerbungen, welche die Rheinbundsakte für Bayern herbeiführte !), waren
nicht unbedeutend; es einverleibte seinem Gebiete: die Reichsstadt Nürnberg, die
deutschen Ordenscommenden Rohr und Waldstetten und erwarb die Souveränetät
über eine Reihe kleiner, bisher reichsunmittelbarer Lande und Herrschaften. Aus-
ser den Besitzungen der Reichsritterschaft, welche in Bayern lagen, waren es ins-
besondere: das Fürstenthum Schwarzenberg, die Grafschaft Castell, die Herrschaft
Limburg-Speckfeld, dann die von Wiesentheid, die hohenlober Oberämter Kirchberg
und Schillingsfürst, die Grafschaft Sternstein, das Fürstenthum Oettingen, taxisische
und fuggersche Besitzungen, die Grafschaft Edelstetten, die Herrschaften Buxheim
und Thannhausen und die Burggrafschaft Winterrieden ?).
Durch die Deklaration vom 19. März 1807 wurde die staatsrechtliche Stel-
lung der ehemals reichsständischen Fürsten und Grafen, s. g. Mediatisirten, zum
König von Bayern genauer geregelt.
Um dem neugebildeten Königreiche, welches aus den verschiedenartigsten Be-
standtheilen zusammengebracht war, eine grössere staatliche Einheit zu geben, be-
seitigte Maximilian Joseph die alten landständischen Institutionen und proklamirte
die Verfassung vom 1. Mai 1808, eine französischen Mustern nachgeahmte Consti-
tution, ein Erzeugniss jenes napoleonisch - despotischen Geistes, welcher die Gesetz-
gebung und Verwaltung der Rheinbundsstaaten durchzog.
Im Zusammenhang mit dieser Constitution publizirte der König am 28. Juli
1808 ein „Königlich Bayerisches Familiengesetz“. Es wurde errichtet
„in Gemässheit des zweiten Titels $. 4 der Constitution, mit Rücksicht auf die äl-
tern Gesetze und Verträge des Hauses, insoweit dieselben auf die veränderten po-
litischen Verhältnisse noch anwendbar sind.“
Bei Erlassung dieses Familienstatuts erklärte der König „alle in dem gegen-
wärtigen Gesetze nicht ausdrücklich bestätigten ältern Familiengesetze und Ver-
1) Durch einen besondern Vertrag mit Napoleon wurde das Fürstenthum Ansbach gegen
das Herzogihum Berg für Bayern erworben (24. Februar
2) Rheinbundsakte Art. XIII u. XVII bei Ne yor S. 8 u. 82.