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rich IV. mit dem Herzogthum Kärnthen belehnt; mit ihm erlosch das alte
Geschlecht der Welfen im Mannsstamm.
Die zahlreichen Allodien der Welfen gingen nun auf den Weibsstamm über.
Die einzige Schwester Welfs III., Kunigunde, war die Gemahlin Azos II., Mark-
grafen von Este. Diese widersprach der Schenkung, wodurch Welf III. auf
das Kloster Altdorf alle seine Hausbesitzungen übertragen wollte, und nahm die-
selben, als Erbin, für ihren Sohu, in Anspruch '). Dieser Welf IV., väterlicher
Seits aus dem markgräflichen Hause der Este entsprungen und nur durch seine
Mutter Kunigunde der im Mannsstamme erloschenen welfischen Familie anzehö-
rend, succedirte seinem Oheim in den zahlreichen altwelfischen Allodien in Schwa-
ben und Bayern ?2) und wurde der Stifter des neuwelfischen Hauses, der
‚ Stammvater der gegenwärtig über Grossbritannien, Hannover und Braunschweig
herrschenden Fürstenhäuser; der vierte Welf, wenn man seine gleichnamigen
ıütterlichen Ahnen zählt, der erste aus dem Hause Este.
Die Annahme älterer Schriftsteller, besonders von Leibnitz, Muratori und
Eichhorn, dass das Haus Este in Italien mit dem welfischen einen gemein-
samen Stammvater gehabt habe, lässt sich historisch nicht beweisen ?).
Welf IV. wurde 1070 mit dem Herzogthum Bayern belehnt, seine schwäbi-
schen Erbgüter vermehrte er durch das Hausgut des Grafen Otto von Buchhorn
und die Besitzungen des Grafen Luitolt von Achalm. In Italien erbte er von sei-
nem Vater Azo II. (1097) ansehnliche Güter, namentlich Este®). Bei seinem Tode
(1101) hinterliess er zwei Söhne, Welf und Heinrich; Welf V. der Dicke folgte
seinem Vater in dem Herzogthum Bayern und erhielt die eine Hälfte der väter-
lichen Güter, deren andere Heinrich der Schwarze, der zweite Bruder, bekam.
Dem kinderlosen Welf V. folgte im Herzogthum Bayern und in den Haus-
gütern der oben erwähnte jüngere Bruder Heinrich der Schwarze im Jahre
1120. Dieser erwarb durch seine Heirath mit Wulfhild, 'Tochter des Herzogs
Magnus von Sachsen, des letzten Billungers, den grössern Theil der ausgedehnten
billungschen Hausbesitzungen, namentlich Lüneburg und dessen Gebiet®). Durch
diese Erwerbung fasste das schwäbische Geschlecht der Welfen zu-
erst festen Fuss in Norddeutschland.
Heinrich der Schwarze hinterliess zwei Söhne, Heinrich den Stolzen und Welf VI.
Heinrich folgte im Jahre 1126 seineın Vater im Herzogthum Bayern und theilte mit
1) Der Anonynus von Weingarten bei Hess p. 15 erzählt: „Hic denique Guelf aub jure-
nili aetale cum essel, in castro Botamo morbo correplus est, vidensque sibi morlem imninere
omne patrimonium suum cum ministerialibus, quia heredem ex se non habuit, sd coenobium
Allorfense sanclo Martino in perpeluam possessionem donavil ..... Box explela sepultura, qui-
bus injunclum fuerat, donalionem perficere volenles prohibiti sunt, maler enim ipsius gciens se
heredem habere ex filia, missis in Ialiam legatis, jussit eum adduci, et veniens pcnilus dona-
tionem inlerdixit et se cerlum et verum heredem proclamayit.‘
2) Eine sehr genzue Uebersicht der Haupigüter in Schwaben, Bayern, Tyrol, der Schweiz
giebt Stälin I. S. 265; auch Böllicher S. 469.
beruft. 3) Stälin I. S. 253, welcher sich besonders auf Litta, Famiglia ilal. Fasc. 26 (d’Este)
4) gtälin S. 253.
5) Genaue Aufzählung dieser Güter, welche einen Haupistock der welfischen Besitzungen
bildeten, bei Bötticher S. 473.