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Allodialbesitzungen ihres Vaters, besonders auf Braunschweig, Ansprüche. Um
diesen Ansprüchen noch grössere Kraft zu geben, traten sie dieselben an K. Fried-
rich II. ab, welcher sich durch Erwerbung dieser Besitzungen eine Hausmacht
auch im Norden Deutschlands zu gründen dachte. Da aber Otto die Stammlande,
besonders Braunschweig, kräftig vertheidigte, so kam es endlich zu einem Ver-
gleiche im J. 1235. Zu Mainz, im Kaiserzelte beugte der Welfe vor Friedrich I.
das Knie, gab das Schloss zu Lüneburg sammt der zu ihm gehörigen Herrschaft
dem Reiche zu Eigen, verzichtete auf das Herzogtum Sachsen und auf die Pfalz
am Rhein und schwur den üblichen Lehenseid. Der Kaiser dagegen verzichtete
auf seine erkauften Ansprüche an die Stadt Braunschweig, legte diese, samımt den
an ihr haftenden Herrschaften, zu dem Schlosse Lüneburg und dessen Gebieten,
schuf aus beiden ein Herzogthum und belehnte mit diesem am 12. August 1235
Heinrichs des Löwen Enkel, Otto das Kind, dergestalt, dass dessen männlichen
und weiblichen Nachkommen die Lehnsfolge zustehen solle. Seit
diesem Ereignisse nannte sich Otto regelmässig Herzog von Braunschweig").
Damit war der alte verderbliche Zwist zwischen Welfen und Staufen geschlichtet ?)
und die staatsrechtliche Stellung der Nachkonmen Heinrichs des Löwen auf eine
klare und anerkannte Form gebracht. Da dieser Lehenbrief auch für die Haus-
und Successionsverhältnisse des Hauses Braunschweig von Wichtigkeit ist, so nimmt
er die erste Stelleim Urkundenbuche ein.
Otto, der erste Herzog von Braunschweig, Alleinherr der welfischen
Stammlande, starb 1252. Das Herzogthum kam au seine beiden ältern Söhne,
Albrecht und Johann. Die jüngern Brüder Konrad und Otto wurden, als Geistliche,
init einem Jahrgehalt abgefunden.
Während der Minderjährigkeit seines Bruders Johann stand Herzog Albrecht,
genannt der Grosse, allein der Regierung vor, welche sie später gemeiusanı über-
nahmen. Im Jahr 1267 schritten sie zur Theilung ihrer Lande, indem sie hierin
ganz dem «damaligen Geiste und der Richtung aller deutschen Fürstenhäuser folg-
ten, welche, seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, selbst die Herzogthümer
und andere grosse Reichslchen zu theilen kein Bedenken mehr trugen.
Zu Braunschweig würfelten beide Brüder, wer die Theilung machen, wer die
Wahl treffen sollte? Der Wurf entschied so, dass die Theilung dem ältern, die
Wahl dem jüngern Bruder zufiel. Iliernach legte Albrecht das Laud un Braun-
schweig und Wolfenbüttel nebst Gifhorn und der Vogtei über Helmstädt, dem
Eichsfelde, dem Gebiete vor dem Harze (Grubenhagen) den Lande zwischen Dei-
4) Havemann I. S. 375 besonders Anmerk. 3. Die Titel schwanklen in dieser Zeil noch
sehr; auch schon vor 1235 führlen die Nachkommen leinrichs des Löwen, wie diener selbst
nach seiner Acchlung, den Herzogstilel nicht zellen, so nannle sich Pfalzgraf Heinrich bald dux
Saxoniae, bald dux de Brunswick, dagegen begnügle sich Wilhelm meist mil dem Titel „Jominus“
oder auch „dominus et princeps de Luneborg." Selbst Kaiser Friedrich 3. bediente »ich in ver-
schiedenen Schreiben vom J. 12265 des Ausdrucks „illuster dux de Brunswick.“
arum legte der Kaiser selbst diesem Ereignisse eine solche Bedeutung bei. Godefr.
Col. bei Böhmer I. p. 367: „Otto de Luninburch, nepos magni ducis Heinrici, novus dux et
princeps efficilur. Quem diem rogavit imperator omnibus annalibus asscribi, eo quod lunc Roma-
Dum auxissel imperium, novum principem creando, consensu omnium principum accedente.“