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„Nachdem Se. Majestät der König von Hannover und Se. Durchlaucht der
Herzog Wilhelm von Braunschweig in der 8. diesjährigen Sitzung die wegen
Feststellung der Regierungsverhältnisse im Herzogthume Braunschweig getroffene
agnatische Disposition dem Bunde zur Anerkennung, wie solche im Bundesbeschlusse
vom 2. December v. J. vorbehalten war, vorgelegt haben,
nachdem die braunschweig’sche Bundestagsgesandtschaft unterm 14. v. M,
im Auftrage ihrer Regierung um die Eröffnung des Protokolls für die Abstimmungen
über diesen Gegenstand das Ansuchen gestellt und diese Eröffnung auch sofort
Statt gefunden hat,
nachdem ferner Se. Durchlaucht der Herzog Wilhelm, ohne den Erfolg dieser
Abstimmungen und den Beschluss des Bundes hierüber abzuwarten, diese agnatische
Anordnung unterm 20. April bereits publieirt und in Vollzug gesetzt hat, und
zwar, zufolge der in der heutigen Sitzung vorgebrachten Angabe Sr. Durchlaucht
des Herzogs Wilhelm, aus dem Grunde, um die aufgeregten Gemüther in Braun-
schweig zu beruhigen;
so findet die Bundesversammlung (sich veranlasst?), diesen Vorgang in ihre
Protocolle zu verzeichnen und den Bundesregierungen die Beurtheilung desselben
und alles Weitere anheimzustellen, dabei aber ausdrücklich zu bemerken, dass
durch diese, ohne Zuthun des Durchlauchtigsten Bundes vollzogene Anordnung,
keinen begründeten Rechten, und insbesondere nicht den Successionsrechten einer
etwaigen Descendenz des Herzogs Carl von Braunschweig, präjudieirt werden
könne !)“.
Mit diesem Beschlusse cessirte die Thätigkeit der Bundesversammlung in
dieser Angelegenheit und Herzog Wilhelm blieb seitdem ungestört in der Ausübung
seiner Landesregierung.
Am 19. October 1831 wurde zwischen Herzog Wilhelm von Braunschweig
und König Wilhelm von Grossbritannien und Hannover ein Hausgesetz „Ver-
mählungen in dem Durchlauchtigsten Braunschweig-Lüneburgi-
schen Gesammthause betreffend‘ vereinbart, welches von allen Agnaten,
mit Ausnahme des Herzogs Carl, genehmigt und am 31. December 1832 in Braun-
schweig publicirt wurde?). Durch dieses Hausgesetz wurde die Einwilligung des
regierenden Chefs der Linie für die Ehen der Prinzen und Prinzessinnen des
Hauses Braunschweig für nothwendig erklärt; Kinder aus einer Ehe, weiche ohne
förmlich erfolgte Einwilligung des regierenden Herrn eingegangen worden sei,
sollten successionsunfähig sein.
Am 5. April 1833 wurde durch eine neue agnatische Anordnung des Königs
von Grossbritannien und des Herzogs Wilhelm der Herzog Carl unter eine Fa-
1).Die schwierige Rechtsfrage wird gründlich erörtert von H. A. Zacharlä in seinem
deulschen Staatsrecht Bd. I. $. 84 S. 387 f., von H. Zöpfl Bd. 1. $. 297 S. 198 und beson-
ders in der Schrift des letztern: „Die Eröffnung der legilimen Thronfolge sis rechtliche Folge
des Missbrauchs der Siaatsgewalt 1833.“ Neuerlich ist die agnatische Anordnung krilisirt worden
in der Seh Schrift: „Der Aufstand in der Stadt Braunschweig am 6. und 7. Sepibr. 1830.“ Cap.
und
2) rkundenbuch Nr, XIV.