398
miliencurate] gestellt und ihm die selbstständige Verwaltung seines Vermögens
entzogen. Diese Verordnung wurde durch die Gesetzsammlung des Königreichs
Hannover und des Herzogthums Braunschweig publicirt, konnte aber nur für das
in Braunschweig sich vorfindende Vermögen Wirksamkeit äussern. ‘Da nämlich
das erstinstanzliche Tribunal der Seine zu Paris diese CGuratel nicht anerkannte,
so blieb der Herzog Carl in dem Genusse des in seinen Händen befindlichen
Vermögens.
Der wichtigste, unter Herzog Wilhelm erfolgte Staatsakt ist die, mit Zu-
stimmung der Stände erlassene s. g. neue Landschaftsordnung vom 12.
October 1832, ein umfassendes Stantsgrundgesetz, wodurch dem Herzogthum
Braunschweig der Segen einer geordneten constitutionellen Verfassung im reichen
Masse zu {Theil wurde. Das erste Capitel der neuen Landschaftsordnung enthält
wichtige Bestimmungen über Thronfolge, Volljährigkeit und Vormundschaft), der
Volljährigkeitstermin ist das achtzehnte Jahr.
VIII Das neue Haus Lüneburg oder die Linie Wilhelms zu Lüneburg, die kurfärstliche, jetzt
königliche Linie von Grossbritannien und Hannover, von 1569 bis auf die Gegenwart.
Durch den oben erörterten brüderlichen Vergleich von 1569 war der jüngere
Sohn Ernsts des Bekenners, Wilhelm, im Besitz des väterlichen Fürstenthums
geblieben und wurde der Stammvater des neuen Hauses Lüneburg.
Unter Wilhelms Regierung wurde dem lüneburgischen Fürstenhause eine nicht
unbeträchtliche Gebietserweiterung zu Theil; erstens als mit Grafen Otto 1582 die
männliche Linie der Grafen von Hoya erlosch und in Folge dessen die obere
Grafschaft in den Besitz der wolfenbüttelschen Linie kam, fiel die untere Graf-
schaft mit Schloss und Amt Hoya dem lüncburgischen Hause zu; zweitens, als 1585
mit Grafen Friedrich der letzte Mannsspross des Grafenhauses Diepholz abging,
erwarb Wilhelm die Grafschaft dieses Namens kraft einer kaiserlichen Anwartschaft
von 1517?)
Herzog Wilhelm hinterliess 1592 funfzehn Kinder, darunter sieben Söhne:
Ernst, Christian, August, Friedrich, Magnus, Georg und Johann. Kein Hausgesetz,
keine väterliche Verfügung ordnete die Succession in der lüneburgischen Linie.
Wollte man, in Ermangelung einer festgeordneten Hausverfassung,, die Theilung
und damit den Untergang des Fürstenthums vermeiden, so blieb in diesem Falle
nichts übrig, als eine freie brüderliche Vereinbarung. Diese erfolgte durch
den Vertrag vom 27. September 1592°), wodurch die Regierung für die Dauer
von acht Jahren dein ältesten Bruder Ernst übertragen wurde, welcher dabei
gelobte, „ohne Wissen und Willen seiner Brüder, der Räthe und der Landschaft,
weder auf eine Fehde oder Einigung einzugehen, noch zur Ehe zu schreiten, in
1) Zachariä, Verfassungsgesetze S. 696.
2) Havemann il. S. 481.
3) Vertrag wegen der auf acht Jahre dem Herzog Ernst übertragenen Regierung, vollzogen
zu Cella den 27. September 1592, bei Jacobi, Landtagsabschiede 1. S. 312.