fullscreen: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8169 Die höhere Sicherheitspolizei. 185 
Politische Versammlungen sind Beschränkungen nur unter- 
worfen, wenn sie nicht Versammlungen eines geschlossenen Vereins, 
sondern öffentlich sind, d. h. jedermann Zutritt hat. Sie müssen 
mindestens 24 Stunden vorher der Polizeibehörde angezeigt werden, 
die darüber eine Bescheinigung erteilt (§5 VG.). Die Anzeige 
kann durch eine öffentliche Bekanntmachung nach näherer Be- 
stimmung der Landeszentralbehörde ersetzt werden. Wahlversamm- 
lungen und Versammlungen zwecks Erörterung besserer Arbeits- 
und Lohnbedingungen haben die Anzeigepflicht nicht (§ 6 VG.). 
Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Auf- 
züge auf öffentlichen Straßen und Plätzen bedürfen dagegen, auch 
wenn sie nicht politisch sind, der mindestens 24 Stunden vorher 
einzuholenden Genehmigung der Polizeibehörde, die nur aus sicher- 
heitspolizeilichen Gründen versagt werden kann)). Die Versamm- 
lung ist aber nicht schon deshalb als solche unter freiem Himmel 
anzusehen, weil sie außer geschlossenem Raume sich auch noch über 
freien Luftraum erstreckt. Die Landeszentralbehörde kann die Ge- 
nehmigung durch Anzeige oder öffentliche Bekanntmachung er- 
setzen lassen. Gewöhnliche Leichenbegängnisse und Hochzeitszüge, 
nach der Bestimmung der Landeszentralbehörde auch andere Auf- 
züge bedürfen der Genehmigung oder Anzeige nicht (88 7—9 V.0.). 
Jede öffentliche politische Versammlung muß einen Leiter 
haben, der für Ruhe und Ordnung sorgt und die Versammlung 
auflösen kann (§ 10 VG.). Niemand — es sei denn vermöge seines 
Berufes — darf in einer öffentlichen Versammlung oder bei einem 
Straßenaufzuge bewaffnet erscheinen (8 10 VG.). 
Die Verhandlungen in öffentlichen Versammlungen, also auch 
in nicht politischen, sind in deutscher Sprache zu führen. Reichs- 
rechtlich besteht eine Ausnahme für internationale Kongresse und 
Wahlversammlungen. Landesrechtlich können weitere Ausnahmen 
bemacht werden), müssen jedoch für die nächsten zwanzig Jahre in 
  
. 
4) Es muß eine wirkliche Gefahr für die Sicherheit vorliegen. Vgl. 
Entsch. des O#. vom 8. Juli 1910 — MBl. d. inn. Verw. 1911, S. 62 —. 
Viehfeuchengefahr genügt nicht. Vgl. Entsch. des OV. vom 1. Okt. 1912 
Ml. d. inn. Verw. 1912, S. 220 —. 
5) Die Ausnahmen enthält die AusfV. des Min. d. Inn. vom 8. Mai 
1908 — Ml. d. inn. Verw. 1908, S. 127 — für einzelne Regierungs- 
ezirke zugunsten der lithauischen, masurischen und wendischen, für den 
reis Malmedy zugunsten der französischen und wallonischen, und für ein-
	        
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