Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Zweiter Band: Hessen, Lippe, Mecklenburg, Reuß, Oldenburg. (2)

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für das Haus Lippe nicht die geringste staatsrechtliche Veränderung ein. Der 
Fürst zur Lippe blieb auch als solcher Mitglied des westfälischen Grafenkollegiums 
und erlangte niemals eine Virilstimme im Reichsfürstenrathe. Fürst Friedrich 
Wilhelm Leopold vermählte sich mit Prinzessin Pauline von Anhalt-Bern- 
burg, welche nach dem frühen Tode ihres Gemahls von 1802— 1820 die vor- 
mundschaftliche Regierung übernahm. Dieser vortrefllichen Fürstin gelang es, 
ihr Land glücklich durch die kriegerischen Stürme und die schwierigen Zeiten 
der Fremdherrschaft hindurchzuführen und es zu einer nie gekannten Blüthe zu 
erheben. Ihre Regierung ist die segensreichste Periode in der lippischen Ge- 
schichte. Durch Accessionsurkunde vom 18. April 1807 trat die Fürstin-Regentin 
dem Rheinbunde bei; ebenso 1815 nach Besiegung der Fremdherrschaft dem deut- 
schen Bunde. Nach langen Verhandlungen kam endlich unter ihrem Sohne Paul 
Alexander Leopold (1820—1850) die Verfassungsurkunde vom 6. Juni 
1836 zn Stande, welche mit mannigfachen Modificationen, besonders in Betreff 
des Wahlgesetzes, bis auf den heutigen Tag in Kraft geblieben ist. In Betreff 
der Hausverfassung enthält die Verfassungsurkunde $. 5 nur folgende einschla- 
gende Bestimmung: „Das pactum unionis, das pactum tutorium und die Hofge- 
richtsordnung werden ausdrücklich von Uns bestätigt; sowie auch die in den 
Hausverträgen begründeten Rechte dererbherrlichen Linien unver- 
ändert bleiben.“ Seit dem 1. Juli 1867 ist das Fürstenthum Lippe ein Glied 
des norddeutschen Bundes, seit dem 1. Januar 1871 des neuen deutschen Reichs. 
B. Die erbherrlichen Linien Lippe-Biesterfeld und Lippe- 
Weissenfeld!). 
Graf Simon VII. (geb. 1587 T 1627) hatte mehrere Söhne, von denen je- 
doch nur zwei eine bleibende Descendenz hinterliessen : 
a) Hermann Adolf zu Detmold (unter A), 
b) Jobst Hermann zu Sternberg und Schwalenberg (geb. 1625 T 1678), dessen 
Linie hier zur näheren Besprechung gelangt. 
Obgleich das Recht der Erstgeburt im Hause längst feststand, so nahm doch 
Jobst Hermann die mit dem Hochstifte Paderborn gemeinsamen Aemter Schwalen- 
berg, Stoppelberg und Oldenburg, auf Abschlag seines zu fordernden väterlichen 
Erbtheils, in Besitz; seine Linie gab aber deshalb die Ansprüche auf gleiche 
Landestheilung nicht auf; diese erstreckten sich aber nicht nur auf die Hälfte 
des Landes, sondern auf die ihr seit 1652 vorenthaltenen Einkünfte und Zinsen, 
welche auf mehrere Millionen berechnet wurden. Es entstand daraus ein viel- 
jähriger Primogeniturprozess zwischen der regierenden und der erbherrlichen Linie. 
Jobst Hermann hatte nur Einen Solın, welcher bleibende Descendenz hinter- 
liess: Rudolf Ferdinand (} 1736), dessen beide Söhne Friedrich Karl 
August und Friedrich Johann Ludwig, unter Zustimmung ihres Vaters, 
am 28. Febr. 1734 einen brüderlichen Vergleich abschlossen, kraft dessen der 
  
I) Vergleiche mein Rechtsgutachten über ‚‚die staatsrechtliche Stellung der gräflichen Linien 
Lippe - Biesterfeld und Lippe -Weissenfeld zum fürstlichen Haure I,ippe- Detmold und Innerhalb des 
norddeusschen Bundes“. Aus der Praxis des Btaat»- und Privatrechts, No. V. 8. 327.
	        
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