Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Zweiter Band: Hessen, Lippe, Mecklenburg, Reuß, Oldenburg. (2)

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rechtliche Besitznahme !) wurde aber durch kaiserliches Erkenntniss und Kreis- 
verfügungen rückgängig gemacht und Georg Wilhelm musste schliesslich, als 
successionsfähiger Lehenserbe, auch von Hessen-Kassel anerkannt werden. 
Bei dieser Gelegenheit kam die Ebenbürtigkeitsfrage im lippischen 
Hause in verschiedenen Streitschriften zur Erörterung. Von den bedeutendsten 
Staatsrechtslehrern dieses und vorigen Jahrhunderts wird, im Einklang mit der 
Praxis der höchsten Reichsgerichte, angenommen, dass das ältere strengere Recht 
in Betreff der Ebenbürtigkeit sich nur bei dem eigentlichen Fürstenstande, den 
8. g. altfürstlichen Häusern, erhalten habe, dass sich aber allerdings das 
neuere Herkommen seit dem XV. und XVI. Jahrh. hinsichtlich der reichs- 
ständischen Grafengeschlechter für die Gleichheit der Ehen mit 
dem alten niederen Adel entschieden habe. Dies bezeugt besonders 
K. Fr. Eichhorn im Einklang mit allen Germanisten und Staatsrechtslehrern 
dieses Jahrhunderts. Dass im Hause Lippe niemals eine entgegengesetzte strengere 
Ansicht in Betreff der Ebenbürtigkeit der Ehen geherrscht habe, bewies der Haus- 
gebrauch aller Linien, nach welchem stets Ehen mit Frauen von alteın niederen, 
d. h. nicht reichsständischem Adel als ebenbürtige betrachtet worden sind. Darum 
waren jene Anfechtungen der Successionsfähigkeit der Kinder aus der Ehe Phi- 
lipp Ernsts mit der Friesenhausen von Seiten Hessen-Kassels völlig unbegründet 
und wurden vom Kaiser und Reichshofrath energisch zurückgewiesen ; ebensowenig 
werden aber andere derartige Einwände, welche gegen die Successionsfähigkeit 
eines Grafen zur Lippe aus gleichen Gründen erhoben werden sollten, in Zukunft 
Berücksichtigung verdienen; am wenigsten würde eine Linie zur Erhebung eines 
solchen Einwandes einer anderen Linie gegenüber berechtigt sein, welche, wie die 
schaumburg-lippische, selbst ihre Abstammung aus einer derartigen Ehe herleitet. 
Im J. 1807 trat Georg Wilhelm dem Rheinbund bei und nahm bei dieser 
Gelegenheit unter Genehmigung des französischen Protektors zuerst den Fürstentitel 
an. Den reichsfürstlichen Titel hat Schaumburg-Lippe nieınals erhalten. Im 
J. 1815 wurde der Fürst von Schaumburg-Lippe in den deutschen Bund aufge- 
nommen, 1867 trat er dem norddeutschen bei, seit 1871 ist Schaumburg-Lippe 
ein Glied des deutschen Reiches geworden. 
In der staatsrechtlichen Stellung des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe 
sind nach seinen Besitzungen — abgesehen von seinem reichen Privatgrundbesitze — 
gegenwärtig zu unterscheiden: 
1) Das Rechtsverhältniss zum lippischen Gesammthause, im Besondern zur regie- 
renden Hauptlinie zu Detmold wegen des zur Grafschaft Lippe gehörigen 
Amtes Blomberg, welches dem Stamme Philipps aus der Paragialverlassen- 
schaft der Grafen Lippe-Brake angefallen war. Zwar wurde schaumburg- 
lippischer Seits schon während des Rheinbundes die Souveränetät darüber 
beansprucht, allein sie ist durch das Grossherz. badische Oberhofgerichts- 
Austrägalurtheil vom 22. December 1338 dem fürstlichen Hause zu Detmold 
1) Pütter, Rechtsfälle B. III Th. 4 8. 861— 891. „‚Eigentliche Beschaffenheit des im Februnr 
1787 mit hessischen Kriegsvölkern geschehenen Ueberzugs Jder Grafschaft Schaumburg lippischen An- 
tbeils. Bückeburg 1787. Fol.
	        
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