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das Kind erhielt 1291 das Reichsschloss Boyneburg als Reichslehen und trug
die Stadt Eschwege dem Reiche zu Lchen auf, welche Besitzungen zu einem
Fürstenthum erhoben wurden. Es war dies die erste Begründung eines
Reichslehensnexus für das hessische Fürstenhaus. „Die Landgraf-
schaft Hessen, nicht entstanden, wie die von Thüringen, durch förmliche
Einsetzung einer vom Reiche abhängigen, mit grossen Lehen versehenen Würde,
bildete sich nach und nach, auf Grundlage alter Vorrechte des Landes zu Hessen
und seines Gerichtes, unter dem Schutze eines landgräflichen, von alten fränki-
schen Herzögen abstammenden Geschlechtes, bis sie endlich, bei der Erbverbrü-
derung Hessens mit Thüringen, öffentlich anerkannt und als ein Reichslehen ihrer
älteren Schwester Thüringen gleichgestellt wurde“ ?).
Noch waren die landgräflichen Stammgüter überall von fremden Besitzungen
durchbrochen und beengt. Giessen erwarb im Jahre 1265 Heinrich durch Kauf
von den Grafen von Tübingen. Nördlich bildeten die Städte Wolfhagen und
Zierenberg, östlich Eschwege und Wanfried, westlich Frankenberg und Bicden-
kopf, südlich Grunberg und Alsfeld die äussersten Punkte des landgräflichen Ge-
bietes. Den Vorzug vor allen hessischen Städten hatten Frankenberg durch
seinen Wohlstand als Handelsstadt, Marburg, als Ruhestädte der heiligen Stamm-
mutter Elisabeth, Kassel, als Burgsitz und Residenz, gegründet von K. Hein-
rich I. auf dem Boden eines Hofes weiland Konrads I., Herzogs der Franken und
Königs der Deutschen. Kassel wurde dadurch die Hauptstadt des
Landes.
In dem neugegründeten landgräflich hessischen Hause scheinen, durch eine
‘gewisse Familientradition der Häuser Thüringen und Brabant, in welchen
beiden Untheilbarkeit und Erstgeburt galt, sich die Grundsätze der Individual-
succession besser in Erinnerung erhalten zu haben, als in andern Territorien.
Allerdings beabsichtigte Heinrich I., eine Landestheilung vorzunehmen. Aber
sein erstgeborener Sohn, Heinrich der Ungehorsame, widersetzte sich diesem
Vorhaben, indem er behauptete: „dass ihm nach löblichem Gebrauch aller Völker
„ex laudato gentium omnium usu“ die ganze Landgrafschaft gebühre, und seine
Brüder nur auf eine angemessene Abfindung Anspruch machen könnten.“*). In-
dessen Heinrich der Ungehorsame starb vor seinem Vater im J. 1296. Aber nun
trat Otto, der Zweitgeborene, welcher früher das Vorrecht der Erstgeburt heftig
.bekämpft hatte, mit derselben Prätension gegen die Nachgeborenen auf; allein er
musste sich zur Theilung mit seinem Stiefbruder Johannes bequemen, welcher
sogar das eigentliche hessische Niederland erbielt, während Otto Marburg und
das Oberland bekam. Aber da Johannes bereits 1311 ohne männliche Erben ab-
ging, So vereinigte Otto I. (1311—1328), wieder die gesammten Stammlande.
Dieser Fürst ist für die hessische Hausgeschichte besonders merkwürdig,
weil er Untheilbarkeit des Landes und Individualsuccession bereits in einer Zeit
vorschrieb, wo noch anderwärts das Theilungswesen in vollster Blüthe stand. Wenn-
1) Bommelaan0.8.5
2) Hermann Schulze, Recht der Erstgeburt 8. 138.