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Heinrich IV., der Fette, welcher 1477 starb, vereinigte zum
ersten Male seit langer Zeit wieder alle mecklenburgischen Stamm-
lande in seiner Hand.
Unter der Regierung dieses Fürsten wurde auch das Successionsrecht
des brandenburgischen Hauses in die mecklenburgischen Lande begrün-
det‘). Hier, wie in Pommern, sind ursprüngliche Lehensverhältnisse nach man-
nigfaltigen Streitigkeiten in ein vertragsmässiges Erbfolgerecht aufgelöst worden.
Spuren eines Lehensnexus der Herren von Mecklenburg gegen die Markgrafen von
Brandenburg kommen bereits im 12°“, urkundlich zuerst im 13'* Jahrhundert im
J. 1227 vor. Einzelne Theile der jetzigen mecklenburgischen Lande, wie z. B.
die Grafschaft Schwerin, sind zn verschiedenen Zeiten von der Markgrafschaft
Brandenburg zu lehen gegangen. Im J. 1415 trugen die Herren von Werle,
Fürsten von Wenden, ihre sämmtlichen Lande dem ersten Markgrafen aus dem
Hause Hohenzollern Friedrich I. zum Lehen auf, worauf Brandenburg nach Erlö-
schen der Werlischen Linie, diese Lande als heimgefallenes Lehen einziehen wollte,
während die Herzöge von Mecklenburg dieselben, kraft alten Geblütsrechtes und
neuer Erbverträge, in Besitz nahmen. Dieser noch durch andere Punkte viel
verwickelte Streit fand seine endgültige Entscheidung durch den Wittstocker
Vertrag vom 12. April 1442 (Urkunde No. II), welcher bei einer persön-
lichen. Zusammenkunft des Kurfürsten Friedrichs II. mit den damals regierenden
mecklenburgischen Herzögen Johann V. und Heinrich IV. von Schwerin und Hein-
rich von Stargard vereinbart wurde. Es verzichtete nämlich der Kurfürst für
sich und seine Nachfolger auf die gegenwärtige Succession in das Land zu: Wen-
den, dagegen wurde ihm und seinen Nachfolgern, auf den Fall des Erlöschens
des gesammten mecklenburgischen Mannsstammes, die Succession in die mecklen-
burgischen Lande zugesichert, mit Ausschluss der Töchter und Kognaten. Wären
beim Eintreten der brandenburgischen Erbfolge Töchter vorhanden, so sollten
diese nach Rath der Stände ausgerichtet und berathen werden. Zur mehreren
Befestigung der Successionsgerechtsame des brandenburgischen Hauses verspra-
chen die Herzöge ihre Stände dem Kurfürsten und seinen Nachfolgern eine even-
tuelle Huldigung leisten zu lassen, wugegen der Kurfärst sich ihnen für die Fort-
dauer aller ihrer Freiheiten, Gewohnheiten und Gerechtigkeiten unter branden-
burgischer Herrschaft reversiren sollte. Die Huldigung wurde geleistet, von Seiten
des Kurfürsten die Reversalien ausgestellt. Noch in demselben Jahre ertheilte
K Friedrich III. die oberlehensherrliche Bestätigung des Wittstocker Vertrages.
Seitdem wurde in jedem, einem Kurfürsten von Brandenburg ertheilten kaiser-
lichen Lehenbrief die Belehnung ausdrücklich auch auf das Angefälle der meck-
lenburgischen Lande erstreckt. In der Folge wurde der Wittstocker Vergleich
nicht allein durch wechselseitige Erklärungen zwischen dem Kurfürsten Fried-
rich III. und dem Herzog zu Mecklenburg, Friedrich Wilhelm, im J. 1693 aus-
1) Vergl. darüber Klüver, Neschreibung des Ilerzogthums Mecklenburg Th. I Cap. XXXIV
8.661 6. Faber, Europäische Staatskanzlei B. KIV Cap. 1 8. 1—143. C. W. v. Lancizolle,
Geschichte der Bildung des preuss. Btaates Th. I Abth. Hi B. 608 ff. Begründung der Erbfolge in
Mecklenburg. Hagemelster, Mecklenburgisches Staatsrecht. 8. 203 8. 310 f.