620 Erster Theil. Eilster Titel.
S. 110. Hat also der Verkäufer das Kaufgeld ganz oder zum Theil empfangen,
so muß er, wenn nicht ein Anderes verabredet ist, das Erhaltene 7°8) bis zur Ueber-
gabe landüblich vemzinsen.
8. 111. Hat der Käufer die Uebernahme ven#ögert, so kann der Verkäufer,
ban der Venzinsung, zur Berechnung und Auslieferung der gezogenen Nutzungen sich er-
ieten.
8. 112. Dabei? ) darf der Verkäufer bloß für ein grobes Versehen haften.
. 113. Ist der Verkäufer Schuld an der venögerten Uebergabe, so kann der
Käufer von ihm den höchsten bei Personen seiner Klasse zulässigen Zinssatz fordern.
S. 114. Liegt Vorsatz oder grobes Versehen bei der Zögerung des Verkäufers
zum Grunde, so kann:) der Käufer, statt der Veminsung, Rechnungblegung über die
gezogene Nutzung fordem.
§. 115. Dabei?) haftet der Verkäufer auch für ein geringes Versehen.
§. 116. Ist die Zahlung des Kaufgeldes ausdrücklich vor der Uebergabe bedun-
gen, oder freiwillig ohne Vorbehalt geleistet worden, so darf der Verkäufer, so lange
schuldig.“ Ennthielte ein Kontrakt diese Worte, so würde wahrscheinlich kein Zweifel darüber aufkom-
men, daß der Käufer, wenn er nicht zahlte und der Verläufer sich damit nicht einverstanden erklärte,
wider den aus dem Kontrakte deutlich erkennbaren Willen der Verkäufers, Sache und Kausgeld zu-
gesch nutzte. Es ist aber eben so gut als enthielte der Vertrag diese Bestimmung, „wenn nicht ein
nderes darin verabredet ist“ (5. 221); denn sie soll eben die Verabredung fubsidiarisch ergänzen, oder
vielmehr, es wird angenommen, daß die Komrahenten gerade das, was subsidiarisch vorgeschrieben ist,
und nichts Anderes gewollt haben. In sosern läßt der Vertrag allemal den Willen derselben erken-
neu. Der schon oft auf die Zinsenobligation irrig bezogene §. 224 bestimmt nur die Frage: wann
und wie lange der Verkäufer die übergebene Sache wegen Nichtbezahlung des Kaufgeldes soll zurückfordern
können. (4. A.) Da jedoch dieses Prinzip bei der Umarbeitung des gedruckten Entwurfs nicht beibe-
halten worden ist (§. 230); so ist der §. 224 bedeutungslos geworden; er hätte sammt dem S§. 225 ge-
strichen werden sollen; man hat dies Übersehen.
(4. A.) Der Grundsat des §. 109 findet auch bei Expropriationen Anwendung. Erk des Obertrid.
v. 31. Januar 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXII. S. 190).
Eine analoge Anwendung wird davon auch auf den Fall, wenn einem Miterben in dem Testa-
mente des Erblassers das Nachlaßgrundstück goen die Verpflichtung, seine Miterben abzufinden, Über-
lassen wird, dahin gemacht, daß er die Abfindung der Letzteren seit dem Todestage des Erblassers
zu verziusen gehalten sei. Erk. des Obertr. v. 18. Juli 1859 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXIV., S. 209).
Der Käuser soll nicht Sache und ausarid zugleich nutzeu. Daraus ist gefolgert, daß eine Ver-
pflichzuug des zum Besihe des Grundstücks gelangten Käufers zur Verzinsung des nicht gezahlten
Kaufgeldes nach §. 109 nicht stattfinde, wenn das Grundstück Revenllenüberschüsse nicht gewährt hat.
Erk. des Obertr. vom 23. April 1858 (Arch f. Rechtef. Bd. XXI. S. 123). Das ist ein bedenklicher
Satz. Der Nutzen läßt sich nicht immer in benannten Geldsummen darstellen, er besteht in allem
Gebrauche, welcher von der Sache möglicher und rechtlicher Weise gemacht werden kann. Vergl. §. 109,
Tu. 2. Der §. 292 d. T. betrifft einen Spezialfall.
(4t. A.) Wenn Aktien mit den lausenden Zinsen nicht auf Borg verkaust worden jedoch bis auf
Zahlung des Kauspreises in den Händen des Verkäufers geblieben sind, so muß der Käufer den Kauf-
preis vom Tage des Abschlusses des Vertrages verzinsen, weil er die laufenden Zinsen der Aktien er-
hält. Erk. des Obertr. v. 12. Juli 1860 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XXXIX. S. 13).
70 ) (4. A.) Gleichviel, ob es bezahlt oder durch Kompensation mit einer unverzinslichen Gegen-
serderung de E berichtigt worden ist. Erk. des Obertr. v. 8. November 1858 (Arch. f. Rechtef.
. XI. S. 37).
71) S. die solg. Aum. 73 zu 8. 115.
72) Er kann, aber er braucht nicht; er kann es auch bei der Verzinsung bewenden lassen. Die
Bestimmung des 8. 114 will dem Käufer noch ein größeres Recht geben. Dadurch geht ihm das ge-
ringere, wenn er dabei stehen bleiben will, nicht verloren. S. auch das Erk. des Obertr. v. 10. Sep-
tember 1847, Rechtsf. Bd. 1. S. 202.
73) Bei der Rechnungslegung ? Oder bei der gezogenen Nutzung Ohne Zweifel bei der Nu-
dung. Uebrigens ist weder zu dieser Ausnahme von der Regel (welche nur für ein mäßiges Verseden
verantwortlich macht, §. 278, Tit. 5), noch zu den entgegengeseten Ausnahmen der vorhergehenden
#K. 112 u. 114 ein saochlicher Grund findbar.