21
der hessischen Hausgesetze, angefochten, vielmehr die allodificirten Gegenstände
als „Quartsurrogate‘“ in Anspruch genommen. Dieser grosses Aufsehen er-
regende, auf beiden Seiten von juristischen Notabilitäten!) geführte Rechtsstreit
kam aber nicht zur gerichtlichen Entscheidung, indem im Jan. 1837 ein Ver-
gleich des Inhalts zu Stande kam, dass die Testamentserben auf einen Theil der
in der Quart befindlichen Hinterlassenschaft zu Gunsten des regierenden Hauses
verzichteten, wogegen die regierende Linie die Fideikommissstiftung als rechtsbe-
ständig anerkannte. Damit beendete die landgräfliche Linie Hessen-Rothenburg
ihr zweihundertjähriges, controversenreiches Dasein ?).
Der in Gemässheit der eingeführten Primogenitur allein zur Succession und
Regierung gelangte Landgraf Wilhelm VI. (geb. 1629 } 1663), welcher damals
vier Söhne am Leben hatte, bestimmte durch Testament vom 10. Novbr. 1658,
dass sein ältester Sohn und Regierungsnachfolger, Landgraf Wilhelm VII., nur
verpflichtet sein sollte, seinen drei jüngeren Brüdern, den Landgrafen Karl,
Philipp und Georg eine jährliche Geldrente als Apanage zu entrichten, welche
für jeden der drei Nachgeborenen auf 8000 Kammergulden festgestellt wurde.
Als nun kurz nach des Vaters Tode sowohl der älteste Sohn Landgraf Wil-
helm VIL, als der jüngste mit Tode abgingen, mithin ausser dem nunmehr zur
Regierung gelangten Landgrafen Karl nur noch ein Nachgeborener, Landgraf
Philipp, vorhanden war, wurde diesem, durch einen Vergleich vom 9. Februar
1685 mit dem regierenden Herrn, eine Erhöhung der Apanage bis auf 10,500
Kammergulden gewährt, ihm die Gebäude des ehemaligen Klosters Kreuzburg
zur Errichtung einer fürstlichen Residenz eingeräumt, zur ersten Einrichtung ein
Geldbeitrag versprochen, auch Verschiedenes an Naturalien verwilligt. Philipp
erbaute das Schloss Philippsthal, wonach seine Linie sich benannte. Von
seinen beiden Söhnen setzte Karl die Linie zu Philippsthal fort, Wilhelm grün-
dete die Speciallinie Philippsthal-Barchfeld. Beide Linien bestehen
bis auf den heutigen Tag fort. Regierungsrechte haben dieselben
nie besessen; dagegen machten sie mehrfach Ansprüche gegen das regierende
Haus auf Erhöhung ihrer karg bemessenen Apanage. Eine solche erfolgte durch
1) Für die Allodialerben schrieb Dr. A. Bauer, Darstellung des Bechtsstroites „swischen dem
Kurprinzen von Hessen und dem Prinzen Viktor von Hohenl ‚ die An-
sprüche des ersteren auf den gesammten Allodialnachlass des Landgrafen betroffend in seinen „Beiträgen
zum deutschen Privatfürstenrechte‘‘ (1839) S. 189—288. Für das Kurhaus A. W. Heffter, „Denk-
schrift, die Rechte des Kurhauses auf die Verlassenschaft des Landgrafen Viktor Amadeus.‘
2) Aber auch nach dem Abgang dieser Linie entspann sich ein staatsrechtlicher Btreit über die
Domänen der Rothenburger Quart. Der Kurfürst ging davon aus, dass jene Güter als kurfürstliches
Hausfideikommiss unter Verwaltung der Hofbebörde seiner unbeschränkten Nutzung ohne ständische
Kontrolle zukämen und wurden dieselben auch durch Verordnung vom 20. Juli 1888 einer dasu errich-
teten Hofdomänenkammer unterstellt. Dice Stände beanspruchten dagegen bei den Verhandlungen des
Badgets die Verwaltung jener Güter und die Verwendung ihrer Nutzungen als eigentliche Staatsgüter
nach den Grundsätzen des Staatshaushaltswesens. Wie dieser bis 1848 geführte Streit des Kurfürsten
Friedrich Wilhelm’s I. mit den Ständen rein stastsrechtlicher Natur war, so wurde er auch auf stasts-
rechtlichem Wege geschlichtet. Durch die Verorduung vom 12. Mai 1848 wurden unter Aufhebung
der Verordnung vom 20. Juni 1838 die Domänen der ehemaligen Rothenburger Quart der Btaatsfinanz-
verwaltung überwiesen. Wippermann, Kurhessen seit dem Freiheltakriege 8. 350 — 855, 8. 389 ff.
Gutschtlicher Bericht von Fr. Nebelthau über die Rothenburger Angelegenheit. Beil. 185 der Kur-
hessischen Landtagsverhandlungen 1887.