Object: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Verträgen. 261 
§. 290. Wer gewarnt worden, daß von seiner übermommenen Handlung beson- 
dere und ungewöhnliche Vortheile für den Andern abhängen ½0), wird in Ansehung 
der zu leistenden Vertretung einem Kunst= und Sachverständigen gleich geachtet. 
§. 291. Wenn Jemand eine Handlung, zu deren Unterlassung er ausdrücklich 
perenehet worden, dennoch begeht, so muß er dem Andern für das ganze Interesse 
aften 71). 
§. 292. Das Interesse, welches ein Kontrahent dem Andern, bei nicht gehörig 
geteifeter Erfüllung des Vertrages, zu vergüten hat, kann durch Verabredung einer 
trafe /2) im Voraus bestimmt werden #7). 
Anh. 8. ö. Die bei Kaufkontrakten über adelige Güter mit Personen, die zu deren Besitz ohne 
  
verständiger (der war ein Bäcker und deshalb ein zweifelhafter Sachverständiger) und der Kläger selbst, 
insofern dieselbe auf Auschaunug zu begründen, für umumöglich erklärt hätten. Erk. des Obertr. vom 
8. Jan. 1861 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XIL. S. 124). Der Rechtspunkt ist richtig aufgesaßt, aber die 
Sache ist schlecht geführt und deshalb mit Recht verspielt. Es ist nicht richtig, daß em Saamenkenner 
den Saamen von weißen Zuckerrüben nicht von Saamen der rothen Rübe unterscheiden köunte; der 
Unterschied sällt, wie ich aus landwirthschaftlicher Erfahrung weiß, leicht in die Augen, zuntal wenn 
man beide Arten nebeneinander hält. Der Saame der weißen Rülbe ist in der Farbe bedeutend hel- 
ler, als der der rothen. Ein Bäcker ist hierin kein Sachverständiger, und der Kläger kann ein solcher 
nach seinem Zugeständnisse auch nicht gewesen sein. Aber ein Kaufmann muß Waarenkunde haben, 
ein Saamenhändler also auch die verschiedenartigen Sämereien umterscheiden können, wenn er sich nicht 
verantwortlich machen will. 
40) Jemand soll eine ungewöhnlich theuer verkaufte Sache, gehörig verpackt, an einem bestimm- 
ten Orte zu einer kurz bestimmtten Zeit ür Eisenbahn abliefern, widrigenfalls der Käufer zurücktreten 
kann. Er überträgt einer Person die Her gholung einer ganz genau bezeichneten Kiste aus einem Ma- 
azine in einem anderen Orte, und macht sie aufmerksam darauf, daß, wenn sie sich bei der Auswahl 
zc Kiste versehe, so daß sie nicht gebraucht werden könne, oder sie zu spät zurückkomme, die Abliefe- 
rung nicht zur rechten Zeit geschehen könne und dann der vorihruhafte Handel zurückgehe. Die Kiste 
wird zeitig genug herbeigeschafft, sie paßt auch, aber der Deckel ist zu kurz, der Abholeude hat deufel- 
ben in der Kiste als dazu gehörig gefunden, doch nicht mit der Kiste verglichen. Nun wird die Ablie- 
ferung unmöglich und der vortheilhafte Handel wird vereitelt. 
41) Diese Vorschrist setzt Vorsatz oder grobes Versehen voraus. Suarez war der Meinung, es 
lasse sich nicht denken, daß Jemand eine Handlung, deren Unterlassung er versprochen habe, begehe, 
ohne vorsätzlich gegen seine Verbindlichken zu handeln. Das gehört zur Beweisführung, und bestätigt 
eben die Boraussetzung. Im Rechtsprinzipe ist nichts geändert, dies ist in der speziellen Lehre von 
Verträgen über Handlungen ausdrücklich aufrecht erhalten. 1, 11, §. 890. Zwischen beiden Stellen 
ist bean Widerspruch; denn unser §. 291 verordnet für den Fall des bloßen Versehens nicht das Ge- 
gentheil. 
42) Die Natur der Konventionalstrase haben alle Nachtheile, welche der Verpflichtete leiden, und 
alle Vortheile, welche er dem Berechtigten für den Fall der Auflösung oder Nichterfüllung des Ver- 
trages gewähren soll und welche — abgesehen von dieser Stipulation — aus der bloßen Auflösung 
des Vertrages, oder einer nicht vertragsmäßig geleisteten Ersüllung des Vertrages, rechtlich nicht 
solgen. Es ist gleichgültig, ob das Wort „Strafe“ gebraucht, und ob ausdrücklich im Vertrage gesagt 
ist, daß damit das Interesse vergütet werden solle, wenn es nur aus dem Vertrage von jelbst folgt. 
Daher enthält z. B. die Berabredung in einem Erbpachtvertrage, daß, wenn der Kanon über Fenis 
Termine hinaus rückständig bleibe, nicht bloß der Vertrag aufgehoben sein und das Grundstück zurlick- 
gewährt werden solle, sondern auch die vom Erbpächter darauf errichteten Gebäude unentgeltlich zu- 
rückgegeben werden sollen, in ihrer letzten Bestimmung eine Konventionalstrafe und unterliegt als solche 
der Beschränkung, daß sie den doppelten Betrag des Interesses nicht übersteigen darf. Pr. v. 4. Au- 
ust 1847 5 ch. Bd. XV,. S. 264). Vergl. das Pr. vom 11. Jannar 1847. (Ulrich, Arch. 
1,. 178. 
422) (5. A.) Ist dieses Interesse in solcher Weise im Boraus bestimmt, so kann, wenn die Kon- 
ventionalstrase nicht gefordert werden kann (F. 307), Überhaupt das Interesse wegen nicht rechtzeitiger 
Erfüllung nicht mehr beausprucht werden. Erk. des Obertr. vom 8. Februar 1866 (Arch. f. Rechtef. 
Bd. LXIII, S. 77). 
Die Konventionalstrafe ist keine Accession, keine Erweiterung der Obligation aus iunen heraus; 
der Anspruch auf dieselbe beruht auf einem mit dem Hauptvertrage in Berbindung gesetzten Vertrage, 
einem pactum achectum, und auf dieser Grundlage entwickelt sich, namentlich wenn die den Anspruch 
bedingenden Thatsachen eingetreten sind, eine fällige und vom Fälligkeitstage an selbstständige und 
tlagbare Forderung. Erk. dess. vom 21. Mai 1867 (Arch. f. Rechtsf. Bd. LXVII, S. 221). 
Kouventio 
nalstrafen.
	        
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