Full text: Die Hausgesetze der regierenden Deutschen Fürstenhäuser. Zweiter Band: Hessen, Lippe, Mecklenburg, Reuß, Oldenburg. (2)

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Apanagen für nachgeborene Prinzen und die Sustentationsgelder für unvermählte 
Prinzessinnen werden nach gegenwärtiger Stastspraxis mit Zustimmung der Land- 
stände in Geldrenten, die aus der Staatskasse bezahlt werden, festgesetzt. Die 
früherhin vom Lande besonders aufgebrachte Aussteuer der Prinzessinnen wird 
ebenso aus der Staatskasse geleistet. Auf gleiche Weise dürfte die Bestimmung 
der nöthig werdenden Witthümer in jedem Einzelfalle erfolgen. Die Domänen 
sind nach der Verfassungsurkunde 8. 6 zu einem Drittheil, nach der Auswabl des 
Grossherzogs, an den Staat zur Schuldentilgung mittelst allmäligen Verkaufes ab- 
gegeben. Das schuldenfreie unveräusserliche Hausfideikommiss des grossherzog- 
lichen Hauses besteht aus zwei Drittheilen der sämmtlichen Domänen, nach dem 
Durchschnittsertrage der reinen Einkünfte berechnet. Die Einkünfte dieses Fa- 
miliengutes, worüber eine besondere Rechnung geführt wird, sollen jedoch in dem 
Budget aufgeführt und zu den Staatsausgaben verwendet werden; die Civilliste 
und überhaupt die zu den Bedürfnissen des grossherzoglichen Hauses und’ Hofes 
erforderlichen Summen sind aber darauf vorzugsweise radicirt und ohne ständische 
Einwilligung soll von diesem Gute nichts veräussert oder verpfändet werden. Bei 
künftigen Erwerbungen wird nach dem Rechtstitel des Erwerbes festgesetzt wer- 
den, ob sie zum Stastsvermögen oder zum Familiengute gehören. 
Auch das Grossherzogthum Hessen nahm an dem verhängnissvollen Bundes- 
beschluss vom 14. Juni Theil und trat damit den Gegnern Preussens bei, schloss 
aber bereits am 3. Sept. 1866 mit Preussen seinen Frieden ab, wodurch die recht- 
liche Stellung dieses Staates in ganz eigenthümlicher Weise bestimmt wurde. Der 
Grossberzog von Hessen und bei Rhein trat nämlich nur mit seinen sämmtlichen 
nördlich des Mains liegenden Gebietstheilen dem norddeutschen Bunde bei, wäh- 
rend das südlich vom Main gelegene Gebiet ausserhalb des Bundes blieb. Ausser- 
dem fanden Territorialregulirungen zwischen dem Königreiche Preussen 
und dem Grossherzogthum Hessen statt. Von grossherzoglich hessischer Seite 
musste die am 24. März desselben Jahres angefallene Landgrafschaft Hessen- 
Homburg, einschliesslich des Oberamtsbezirkes Meisenheim, jedoch ausschliess- 
lich der beiden in der preussischen Provinz Sachsen belegenen hessen-homburgi- 
schen Domanialgüter Hölmsleben und Ocbisfelde, an die Krone Preussen abgetreten 
werden. Dieser widerspruchsvolle Dualismus in der staatsrechtlichen Stellung des 
Grosaherzogthums wurde erst durch den Eintritt des ganzen Grossherzogthums 
in das neue deutsche Reich gehoben, welcher durch den Vertrag vom 15. Novbr. 
1870 völkerrechtlich vorbereitet, durch das Inkrafttreten der Reichsverfassung 
vom 1. Januar 1871 staatsrechtlich perfekt wurde. Seitdem nimmt das Gross- 
herzogthum Hessen die sechste Stelle unter den Staaten des deutschen Reiches ein 
und führt im Bundesrathe drei Stimmen. In der innern Verfassung des gross- 
herzoglichen Hauses ist durch den Eintritt in das neue Reich nichts verändert.
	        
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