Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

Ergänzende Vorbemerkungen. 
Nach diesem Gesetz bedarf, wer die Beförderung von Auswanderern nach außer- 
deutschen Ländern betreiben will (Unternehmer), hierzu der unter Zustimmung des 
Bundesrathes von dem Reichskanzler zu ertheilenden Erlaubniß. Vor Ertheilung der 
Erlaubniß hat der Nachsuchende eine Sicherheit im Mindestbetrage von fünfzigtausend 
Mark zu bestellen und im Falle beabsichtigter überseeischer Beförderung den Nachweis 
zu führen, daß er Rheder ist. Die Erlaubniß ist nur für bestimmte Länder, Theile von 
solchen oder bestimmte Orte und im Falle überseeischer Beförderung nur für bestimmte 
Einschiffungshäfen zu ertheilen. Sie berechtigt den Unternehmer zum Geschäftsbetrieb 
im ganzen Reichsgebiete mit der Einschränkung, daß er außerhalb des Gemeindebezirkes 
seiner gewerblichen Niederlassung und seiner etwaigen Zweigniederlassung bei der Aus- 
übung seines Geschäftsbetriebes sich ausschließlich der Vermittelung zugelassener Agenten 
bedienen darf. Auch der Agent, derjenige nämlich, der dem Unternehmer durch Vor- 
bereitung, Vermittelung oder Abschluß des Beförderungsvertrages gewerbsmäßig behülf- 
lich ist, bedarf der — von der höheren Verwaltungsbehörde zu ertheilenden Erlaubniß, 
muß vor der Ertheilung eine Sicherheit im Betrage von mindestens fünfzehnhundert 
Mark stellen und ist im Geschäftsbetrieb auf den Bezirk der die Erlaubniß ertheilenden 
Behörde bezw. nach deren Bestimmung auf einen Theil des Bezirks beschränkt. Die von 
den Unternehmern und den Agenten bestellten Sicherheiten haften für alle anläßlich ihres 
Geschäftsbetriebes gegenüber den Behörden und gegenüber den Auswanderern begrün- 
deten Verbindlichkeiten, sowie für Geldstrafen und Kosten. 
Die Beförderung ist nur zulässig auf Grund eines vorher abgeschlossenen schriftlichen 
Vertrages. Den Auswanderern darf nicht die Verpflichtung auferlegt werden, den Be- 
förderungspreis oder einen Theil desselben oder ihnen geleistete Vorschüsse nach ihrer 
Ankunft am Bestimmungsorte zu zahlen oder zurückzuerstatten oder durch Arbeit abzu- 
verdienen; ebensowenig dürfen sie in der Wahl ihres Aufenthaltsorts oder ihrer Be- 
schäftigung im Bestimmungslande beschränkt werden. Verboten ist die Beförderung, so- 
wie der Abschluß von Verträgen über die Beförderung: 
a. von Wehrpflichtigen im Alter vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 25. Lebens- 
jahre, bevor sie eine Entlassungsurkunde oder ein Zeugniß der Ersatzkommission 
darüber beigebracht haben, daß ihrer Auswanderung aus dem Grunde der Wehr- 
pflicht kein Hinderniß entgegensteht; 
b. von Personen, deren Verhaftung oder Festnahme von einer Gerichts= oder Polizei- 
behörde angeordnet ist; 
. von Reichsangehörigen, für welche von fremden Regierungen oder von Kolonisations-= 
gesellschaften oder ähnlichen Unternehmungen der Beförderungspreis ganz oder 
theilweise bezahlt wird oder Vorschüsse geleistet werden. 
Besondere Bestimmungen werden sodann getroffen für die überseeische Auswanderung 
nach außereuropäischen Ländern. Der Unternehmer hat dafür Sorge zu tragen, daß 
das Schiff völlig seetüchtig, vorschriftsmäßig eingerichtet, ausgerüstet und verproviantirt 
ist. In Bezug auf diese Verpflichtung ist jedes Schiff vor dem Antritt der Reise durch 
amtliche, von den Landesregierungen bestellte Besichtiger zu untersuchen. Ebenso ist der 
Gesundheitszustand der Auswanderer und der Schiffsbesatzung durch einen von der Aus- 
wanderungsbehörde zu bestimmenden Arzt zu untersuchen. 
Zur Mitwirkung bei Ausübung der dem Reichskanzler zustehenden Befugnisse wird 
ein sachverständiger, alle zwei Jahre zu erneuernder Beirath gebildet, dessen Vorsitzenden 
der Kaiser ernennt und dessen mindestens vierzehn Mitglieder der Bundesrath wählt. 
Die Anhörung dieses Beiraths muß erfolgen vor Ertheilung der Erlaubniß für solche 
Unternehmungen, welche die Besiedelung eines bestimmten Gebiets in überseeischen 
Ländern zum Gegenstande haben, sowie im Falle der Beschränkung oder des Widerrufs
	        
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