Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 25. 103 
E. Streng auf jüdische Kinder beschränkt sind die — bei vorhandenem Bedürfnisse ausnahms- 
weise einzurichtenden — öffentlichen jüdischen Schulen (für die bis zum Jahre 1866 die 
Monarchie bildenden Landestheile: Gesetz über die Verhältnisse der Juden vom 23. Juli 
1847 §§ 60 bis 67, Ges.-Samml. S. 275). 
F. Da, soweit der Bedarf nicht aus dem Schulvermögen gedeckt werden kann, die Gemeinde 
die eigentliche Trägerin der Schulunterhaltungepflicht ist, so verheißt die Verfassung ihr 
die Leitung der äußeren Angelegenheiten und eine Betheiligung bei der Anstellung der 
Lehrer. Unter Gemeinde ist hier nicht die sogen. Schulgemeinde, Schulsocietät, sondern 
die politische Gemeinde zu verstehen. Auch Abs. 3 ist Zukunftsrecht, und die mannig- 
faltigen Vorschriften des Allgemeinen Landrechts, sowie der verschiedenen provinziellen 
Schulordnungen sind insoweit in Geltung geblieben. Eine Betheiligung der Gemeinden an 
der Anstellung der Lehrer ist zur Zeit die Ausnahme; in den östlichen Provinzen hat in der 
Regel die Ortsobrigkeit (Magistrat, Gutsherr) ein Vorschlagsrecht; für den größten Theil 
der Provinzen Posen und Westpreußen ist die Betheiligung darauf reducirt, daß vor 
der Anstellung der Magistrat, Schuldeputation, Gemeinde-(Guts-) Vorstand, Schulvorstand 
darüber zu hören ist, ob Einwendungen gegen die Person des für die betreffende Stelle 
Bestimmten zu erheben sind (Gesetz, betreffend die Anstellung und das Dienstverhältniß 
der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Tollsschuren eim Gebiete der Provin en 
Posen und Westpreußen, vom 15. Juli 1886, Ges.-Samml. S. 185). Bei Besetzung 
mit kirchlichen Bedienungen verbundenen Lehrerstellen ist Einverständniß der Kihen- 
behörde erforderlich (Reskripte vom 10. Mai 1844 und 16. Mai 1865, Verwaltungs- 
Minist.-Bl. S. 156 und 177). 
Das Prüfungswesen der Volksschullehrer ist Peregelt durch die Prüfungsordnungen 
für Volksschullehrer, Lehrer an Mittelschulen und Rektoren vom 15. Oktober 1870 (Cen- 
tralblatt für die gesammte Unterrichtsverwaltung S. 292) und für Lehrerinnen und 
Schulvorsteherinnen vom 24. April 1874 (ebenda S. 334), sowie durch Prüfungsordnungen 
für Lehrerinnen der englischen und französischen Sprache, für Zeichenlehrerinnen und 
für Handarbeitslehrerinnen vom 3. August 1887, 25. August 1878 und 28. Oktober 1885 
(ebenda S. 635, 608, 733). 
Artikel 25. 
Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der 
öffentlichen Volksschule werden von den Gemeinden, und im Falle 
des nachgewiesenen Unvermögens, ergänzungsweise vom Staate auf- 
gebracht. Die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen 
Dritter bleiben bestehen. 
Der Staat gewährleistet demnach den Volksschullehrern ein festes, 
den Lokalverhältnissen angemessenes Einkommen. 
In der öffentlichen Volksschule wird der Unterricht unentgeltlich 
ertheilt. " 
A. Art. 25 ist nach Art. 112 bis zum Erlaß des in Art. 26 verheißenen Unterrichtsgesetzes 
suspendirt, Anm. A. zu Art. 21, oben S. 83. Somit gilt das außerhalb der Verfassungs- 
urkunde bestehende Recht. 
B. An erster Stelle soll Dasjenige, was an speziellen Schulfonds vorhanden und bisher zu 
Schulfonds bestimmt war, dazu auch ferner verwendet werden; diejenigen Verpflichtungen, 
welche auf allgemeinen, jetzt nicht mehr anwendbaren Gesetzen beruhen, können wegfallen; 
die rechtlich begründeten Verpflichtungen Dritter sollen bestehen bleiben. Der betreffende 
Passus in Abs. 1 will aber nicht über die Existenz oder Fortdauer von Verpflichtungen 
Dritter einseitig verfügen, sondern lediglich eine Verwahrung gegen eine mögliche allzu 
extensive Auslegung der vorhergehenden Regel, betreffend die Aufbringung= der für die 
Volksschulen erforderlichen Mittel durch die Gemeinde und subsidiär den Staat, aus- 
sprechen. v. Rönne Bd. 2 § 170 S. 463 Anm. 1. 
An zweiter Stelle soll die Gemeinde die zur Errichtung, Unterhaltung und Er- 
weiterung der öffentlichen Volksschule erforderlichen Mittel aufbringen. Auch hier ist 
unter Gemeinde nicht die sog. Schulgemeinde, Schulsocictät, sondern die politische Ge-
	        
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