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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 25.
meinde zu verstehen. Nach der thatsächlich bestehenden Gesetzgebung ruht die Beitrags-
pflicht theits auf der politischen, theils auf der Schulgemeinde. Ersteres ist der Fall in
den Provinzen Westpreußen, Ostpreußen, Rheinprovinz, in der Regel auch in Hessen-
Nassau und Hohenzollern, letzteres in dem übrigen Geltungsgebiet des Allgemeinen Land-
rechts, sowie in den Provinzen Schleswig-Holstein und Hannover. Auch dort, wo die
Unterhaltung der Elementarschulen gesetzlich nicht den politischen Gemeinden obliegt,
sind diese befugt, die Unterhaltungskosten freiwillig zu übernehmen, und von dieser
Befugniß haben viele Gemeinden, insbesondere viele Städte, Gebrauch gemacht. Was
und wieviel zur Unterhaltung der Schule und ihres Lehrers nach den örtlichen Lebens-
verhältnissen unerläßlich nöthig ist, bestimmt zwar kraft ihres Oberaufsichtsrechtes die
Regierung, jedoch unter ausgedehnter Mitwirkung der Selbstverwaltungsbehörden. Zu-
nächst ist zu nennen das Gesetz über die Zuständigkeit der Verwaltungs= und Verwaltungs-
erichtsbehörden vom 1. August 1883 §8 46 bis 49 (Gesetz-Samml. S. 253). Auf Be-
schwerden und Einsprüche, betreffend die Heranziehung zu Abgaben und sonstigen nach
öffentlichem Rechte zu fordernden Leistungen für die Volksschule beschließt die örtliche
Behörde, welche die Abgaben und Leistungen für die Schule ausgeschrieben hat: Vor-
stand des Schulverbandes, der Schulgemeinde, Schulsocietät, Schulkommune u. s. w.
Gegen den Beschluß findet innerhalb zwei Wochen die Klage im Verwaltungsstreitver-
fahren statt. Der Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren unterliegen desgleichen
Streitigkeiten zwischen Betheiligten über ihre in dem öffentlichen Rechte begründete Ver-
pflichtung zu Abgaben und Leistungen für die Volksschule. Zuständig in erster Instanz
ist im Verwaltungsstreitverfahren der Kreisausschuß und, sofern es sich um Stadtschulen
handelt, der Bezirksausschuß. Die Entscheidung über streitige Abgaben und sonstige nach
öffentlichem Rechte zu fordernde Leistungen für die Volksschule oder für deren Beamte,
sowie über streitiges Schulgeld nach §# 15 des Gesetzes über die Erweiterung des Rechts-
weges vom 24. Mai 1861 (Ges.-Samml. S. 241, erfolgt im Verwaltungsstreitverfahren.
Einsprüche gegen die Höhe von Zuschlägen für Schulzwecke zu den directen Staats-
steuern, welche sich gegen den Prinzipalsatz der letzteren richten, sind unzulässig. Die
Beschwerden und die Einsprüche, sowie die Klage haben keine aufschiebende Wirkung.
Auf Beschwerde und Einspruch wegen solcher Abgaben und Leistungen, welche zu den
Gemeindelasten gehören, finden die bezüglich der letzteren gegebenen Vorschriften An-
wendung (§ 46). Einen weiteren Schritt macht das Gesetz, betreffend die Feststellung
von Anforderungen für Volksschulen, vom 26. Mai 1837 (Ges.-Samml. S. 175).
Werden, so bestimmt es, von den Schulaufsichtsbehörden für eine Volksschule Anforde-
rungen gestellt, welche durch neue oder erhöhte Leistungen der zur Unterhaltung der
Schule Verpflichteten: Gemeinden, Gutsbezirke, Schulgemeinden, Schulsocietäten, Schul-
kommunen u. s. w. und dritte, statt derselben oder neben denselben Verpflichtete, zu
gewähren sind, so wird in Ermangelung des Einverständnisses der Verpflichteten die
u gewährende Anforderung, soweit solche innerhalb der gesetzlichen Zuständigkeit nach
dbem Ermessen der Verwaltungsbehörden zu bestimmen ist, bei Landschulen durch Beschluß
des Kreisausschusses, bei Stadtschulen durch Beschluß des Bezirksausschusses, insbesondere
mit Rücksicht auf das Bedürfniß der Schule und auf die Leistungsfähigkeit der Ver-
pflichteten festgestellt. Die Einleitung des Beschlußverfahrens erfolgt auf Antrag der
Schulaufsichtsbehörde. Gegen die Beschlüsse des Kreisausschusses bezw. Bezirksausschusses ist
— jedoch nicht in den Hohenzollernschen Landen — binnen einer Frist von zwei Wochen nurdie
Beschwerde an den Provinzialrath zulässig. Die zuständige Behörde kann zur Vervollständigung
der Beschwerde eine angemessene Nachfeist gewähren. Die Beschwerde hat aufschiebende
Wirkung (88 2, 3). Das Gesetz vom 26. Mai 1887 gilt nicht für die Provinz Posen
und findet keine Anwendung auf Schulbausachen und Pensionirungen. Bezüglich der
Schulbauten greift wiederum das Zuständigkeitsgesetz vom 1. August 1883 (88 47, 48, 49)
ein. Ueber die Anordnung von Neu= und Reparaturbauten bei den Volksschulen, über
die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Aufbringung der Baukosten, sowie über die
Vertheilung derselben auf Gemeinden — Gutsbezirke —, Schulverbände und dritte, statt
derselben oder neben denselben Verpflichtete beschließt, sofern Streit entsteht, die Schul-
aufsichtsbehörde (Abs. 1). Gegen den Beschluß findet die Klage im Verwaltungsstreit-
verfahren statt. Dieselbe ist, soweit der in Anspruch Genommene zu der ihm ange-
sonnenen Leistung aus Gründen des öffentlichen Rechts statt seiner einen Anderen für
verpflichtet erachtet, zugleich gegen diesen zu richten (Abs. 2). Auch im lUebrigen unter-
liegen Streitigkeiten der Betheiligten darüber, wem von ihnen die öffentlich-rechtliche
Verbindlichkeit zum Bau oder zur Unterhaltung einer der Erfüllung der allgemeinen
Schulpflicht dienenden Schule obliegt, der Entscheidung im Verwaltungestreitverfahren