Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 42. 121 
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem 
Königlichen Insiegel. 
Gegeben Bellevue, den 5. Juni 1852. 
(L. S.) Friedrich Wilhelm. 
v. Manteuffel. v. d. Heydt. Simons. v. Raumer. v. Westphalen. 
v. Bodelschwingh. v. Bonin. 
Das Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten und die Regulirung der guts- 
herrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, vom 2. März 1850 (Ges.-Samml. S. 77), er- 
lassen für die ganze Monarchie mit Ausnahme der au dem linken Rheinufer belegenen 
Landestheile, hat in § 2 Nr. 1 und §§ 5, 6 das Obereigenthum des Lehnsherrn und 
die lediglich daraus entspringenden, nicht in der Berechtigung auf Abgaben oder 
Leistungen oder ausdrücklich vorbehaltene Nutzungen bestehenden Rechte bei allen inner- 
halb des Staats belegenen Lehen mit alleiniger Ausnahme der Thronlehen ohne Ent- 
schädigung aufgehoben; der Vasall oder Lehnsmann ist seitdem dem Lehnsherrn gegen- 
über freier Eigenthümer, der Lehnskanon ist eine ablösbare Reallast. Das Rheinische 
Recht in den Landestheilen links vom Rhein kennt kein Lehen. In Hohenzollern sind 
durch das Gesetz, betreffend die Ablösung der Reallasten in den Hohenzollernschen Landen, 
vom 28. Mai 1860 (Ges.-Samml. S. 221) die Lehngüter in das volle Eigenthum der 
Besitzer übergegangen. In der Provinz Schleswig-Holstein — ohne Lauenburg — 
giebt es keine deutschrechtlichen Lehen; für den Kreis Herzogthum Lauenburg, in wel- 
chem noch zehn Lehngüter existiren, ist die Ablösung des Lehnsverbandes geordnet durch 
das Gesetz, betreffend die Auflösung des Lehnsverbandes im Herzogthum Lauenburg, 
vom 8. März 1876 (Offizielles Wochenblatt für Lauenburg 1876 Nr. 8 S. 69). In 
der an Lehen und Afterlehen reichen Provinz Hannover gilt das Hannoversche Gesetz 
über die Ablösbarkeit des Lehnsverbandes, die Verhältnisse bleibender Lehne und die 
Errichtung von Familienfideikommissen vom 13. April 1836 (Hannoversche Ges.-Samml. 
Abth. I. S. 33), deklarirt durch die Gesetze vom 19. Juli 1848 und 24. Januar 1851 
und abgeändert durch das Gesetz vom 13. April 1887 (Ges.-Samml. S. 115). In der 
Pannus Hessen = Nassau giebt es Lehen nur noch in dem vormaligen Herzogthum 
assan. 
Thronlehen sind die schlesischen Fürstenthümer Sagan, Oels, Troppau, Jägerndorf, 
das in Posen belegene Fürstenthum Krotoschin, die Lehen der mediatisirten Fürsten 
und Grafen Stolberg, Wittgenstein, Hohen-Solms, Solms-Braunfels, Wied. 
B. Durch die Aufhebung des Obereigenthums des Lehnsherrn sind die Rechte der Agnaten 
und Mitbelehnten, sowie die Lehnssuccession nicht berührt. Die in dem Gesetz vom 
5. Juni 1852, Art. 2 — dem neuen Art. 40 der Verfassung — enthaltene Verheißung, 
daß der noch bestehende Lehnsverband durch gesetzliche Anordnung aufgelöst werden soll, 
ist durch Gesetze vom 10. Juni 1856, 23. März 1857, 4. März 1867 und 27. Juni 1875, 
23. Juli 1875, 3. Mai 1876, 19. Juni 1876, 16. März 1877, 28. März 1877, 
10. März 1880 und 20. April 1883 für Pommern, Ostpreußen und Ermland, Kur-, 
Alt= und Neumark, Westfalen und die Kreise Rees, Essen (Stadt und Land), Duisburg 
und Mülheim a. d. R., Schlesien, Sachsen und die vormals Sächsischen Theile der 
Provinz Brandenburg (Ges.-Samml. S. 554, 169, 362, 406, 537, 112, 238, 101, 111, 
215, 61) zum größten Theil verwirklicht worden. « 
C. Für die Fideikommisse ist durch das Gesetz vom 5. Juni 1852 das Verbot des früheren 
Art. 40 aufgehoben. Sie sind also bestehen geblieben und können unter denselben 
Voraussetzungen, wie vor Emanation der Verfassungsurkunde, neu errichtet werden. 
Artikel 42. 
Das Recht der freien Verfügung über das Grundeigenthum unterliegt keinen 
anderen Beschränkungen als denen der allgemeinen Gesetzgebung. Die Theilbarkeit 
des Grundeigenthums und die Ablösbarkeit der Grundlasten wird gewährleistet. 
Für die todte Hand sind Beschränkungen des Rechts, Liegenschaften zu er- 
werben und über sie zu verfügen, zulässig. 
Aufgehoben ohne Entschädigung sind: 
. Die Gerichtsherrlichkeit, die gutsherrliche Polizei und obrigkeitliche Gewalt, sowie 
die gewissen Grundstücken zustehenden Hoheitsrechte und Privilegien; 
2. die aus diesen Befugnissen, aus der Schutzherrlichkeit, der früheren Erbunterthänig- 
keit, der früheren Steuer- und Gewerbeverfassung herstammenden Verpflichtungen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.