I. Verfassungs urkunde vom 31. Januar 1850. Art. 45. 133
S. 254). Die Ortspolizeibehörden sind auf wenige Gegenstände der Feldpolizei beschränkt
(Feldpolizeiverordnung vom 1. November 1847 88 2, 10, 25, 40, 73, 74, Ges.-Samml.
S. 376). Ein allgemeines Polizeiverordnungsrecht ist erst durch das — successive auf
den ganzen Umfang der Monarchie erstreckte — Gesetz über die Polizeiverwaltung vom
11. März 1850 geschaffen worden (Ges.-Samml. S. 265; siehe Verordnung vom
24. Januar 1859, desgl. vom 20. September 1867 und Gesetz vom 7. Jannar 1870,
Ges.-Samml. 1859 S. 72, 1867 S. 1529, Officielles Wochenblatt für Lauenburg 1870
S. 13). Die neuere Verwaltungsgesetzgebung (Anmerk. B. 5 zu Art. 105) hat dasselbe
erweitert und unter Heranziehung der Selbstverwaltungskörper allen Polizeibehörden
beigelegt. Hiernach ist der gegenwärtige Rechtszustand folgender:
1. Soweit die Gesetze ausdrücklich auf den Erlaß besonderer polizeilicher Vorschriften
durch die Centralbehörden verweisen, sind die Minister befugt, innerhalb ihres
Ressorts dergleichen Vorschriften für den ganzen Umfang der Monarchie oder für
einzelne Theile derselben zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung dieser Vorschriften
Geldstrafen bis zum Betrage von 100 Mk. anzudrohen. Die gleiche Befugniß steht zu:
àa) dem Minister der öffentlichen Arbeiten in Betreff der Uebertretung der Vor-
schriften des Eisenbahnpolizeireglements;
b) dem Minister für Handel und Gewerbe in Betreff der zur Regelung der Strom.,
Schifffahrts= und Hafenpolizei zu erlassenden Vorschriften, sofern dieselben sich über
das Gebiet einer einzelnen Provinz hinaus erstrecken sollen;
Jc) dem Kultusminister und dem Minister für Handel und Gewerbe in Betreff der
Zubereitung und des Betriebes von Arzneien, Giften und explodirenden Stoffen
(siehe Strafgesetzb. § 367 Nr. 5);
2. Die Oberpräsidenten bezw. Regierungspräsidenten sind befugt, für mehrere, ver-
schiedenen Regierungobezirken angehörige Kreise, für mehrere Regierungsbezirke oder
für eine ganze Provinz, bezw. für mehrere Kreise oder für den ganzen Regierungs-
bezirk unter Zuziehung des Provinzialrathes bezw. des Bezirksausschusses — in
eiligen Fällen auch unter Vorbehalt derselben auf höchstens drei Monate — Polizei-
vorschriften mit Strafandrohung bis zu 60 Mk. zu erlassen.
Das Verordnungsrecht über Gegenstände der Strom-, Schifffahrts= und
Hafenpolizei steht für den Regierungsbezirk, einzelne Kreise oder Theile derselben
dem Regierungspräsidenten, für mehrere Regierungsbezirke oder die ganze Provinz
dem Oberpräsidenten, soweit aber mit der Verwaltung dieser Zweige der Polizei
besondere, unmittelbar von dem Minister für Handel und Gewerbe ressortirende
Behörden beauftragt sind, den Letzteren zu. Die Bergpolizei und das dahin ge-
gehörige Polizeiverordnungsrecht wird ausgeübt von den Oberbergämtern (Allge-
meines Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 88 197 und
Gesetz, betreffend die Abänderung einzelner Bestimmungen des Allgemeinen Berg-
gesetzes vom 21. Juni 1865, vom 21. Juni 1892 Art. III., V., VI. 2, VII. 8 208,
Ges.-Samml. S. 705 und 131.)
3. Die Landräthe sind befugt, für mehrere Ortspolizeibezirke oder für den ganzen
Kreis unter Zustimmung der Kreisausschüsse Polizeiverordnungen mit Strafandrohung
bis zu 30 Mk. zu erlassen.
4. Die Ortspolizeibehörden sind befugt, für eine oder mehrere Gemeinden oder für den
ganzen Polizeibezirk Polizeiverordnungen mit Strafandrohung bis zu 9, mit Zu-
stimmung des Regierungspräsidenten und in Stadtkreisen bis zu 30 Mk. zu erlassen.
In den Städten ist die Zustimmung des Gemeindevorstandes, auf dem Lande die
des Amtsausschusses, bei nur aus einer Gemeinde bestehenden Amtsbezirken die der
Gemeindevertretung erforderlich, kann jedoch in eiligen Fällen auf höchstens vier
Wochen vorbehalten bleiben. In den Guts-Amtsbezirken hat der Amtsvorsteher
vorher den Gutsvorsteher zu hören.
Zu den Gegenständen der orts-, amts= oder kreispolizeilichen Vorschriften gehört
der Schutz der Personen und des Eigenthums; Ordnung, Sicherheit und Leichtigkeit des
Verkehrs auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, Brücken, Ufern und Gewässern;
der Marktverkehr und das öffentliche Feilhalten von Nahrungsmitteln; Ordnung und
Gesetzlichkeit bei dem öffentlichen Zusammensein einer größeren Anzahl von Personen;
das öffentliche Interesse in Bezug auf die Aufnahme und Beherbergung von Fremden;
die Wein-, Bier= und Kaffeewirthschaften und sonstige Einrichtungen zur Verabreichung
von Speisen und Getränken: Sorge für Leben und Gesundheit; Sorge gegen Feuers-
gefahr und sonstige Unsicherheit bei Bauausführungen, sowie gegen gemeinschädliche und
gemeingefährliche Handlungen, Unternehmungen und Ereignisse überhaupt; Schutz der