Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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C. 
I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 47. 
Beamten den Diensteid leisten, wogegen die anderen bei den genannten Verwaltungs- 
behörden erforderlichen Beamten, sowie alle für den lokalen und technischen Betrieb 
bestimmten, mithin bei den eigentlichen Betriebsstellen fungirenden Beamten u. s. w. 
von den Landesregierungen angestellt werden (Reichsverfassung Art. 50 Abs. 4, 5); 
2. wegen der Offiziere siehe Anmerk. zu Art. 46, oben S. 134. 
Die Beamten werden theils unmittelbar von dem Könige ernannt, theils ist das Er- 
nennungsrecht den Ministern oder den Provinzialbehörden übertragen. Unmittelbar 
von dem König werden ernannt: 
1. die Minister; 
2. die Vorsteher und Mitglieder der Gesandtschaften in Karlsruhe, München, Hamburg, 
Durmstadt, Oldenburg, Dresden, Weimar, Stuttgart und am Päpstlichen Stuhl 
in Rom; · 
3. die Konsularbeamten in Bremen, Kuxhaven, Lübeck und Rostock; 
4. die Räthe bei allen Centralbehörden und Provinziallandeskollegien, sowie alle Be- 
amten, die theils höher, theils mit jenen in gleicher Kategorie, nicht bloß in glei- 
chem Range stehen; 
5. die richterlichen Beamten (die Mitglieder der Oberlandes-, Land= und Amts- 
gerchte einschließlich der Handelsrichter, der Generalkommissionen, des Oberlandes- 
ulturgerichts, zweier Mitglieder der Bezirksverwaltungsgerichte bezw. der Direk- 
toren derselben, des Oberverwaltungsgerichts, der Oberrechnungskammer, des 
Generalauditeurs und sämmtlicher Anditeure); 
die Oberstaatsanwälte, Ersten Staatsanwälte und Staatsanwälte:; 
die Mitglieder der wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen, die ersten 
Aerzte oder Direktoren der größeren, nicht mit den Universitäten verbundenen Me- 
dizinalinstitute, die Mitglieder der Akademien des Bauwesens, der Künste und der 
Wissenschaften, die ordentlichen Universitätsprofessoren, die Direktoren der Gymnasien, 
Schullehrerseminarien, höheren Bürgerschulen und Realschulen, endlich dieienigen 
Beamten im Finanzdepartement, deren Ernennung durch den König bisher üblich 
gewesen ist, namentlich die Rendanten der Hauptkassen; 
8. die Officiere und Militärbeamten mit Officierrang, soweit nicht das Ernennungs- 
recht des Kaisers Platz greift. 
Die Ernennung der übrigen Beamten erfolgt durch die dazu ermächtigten Staatsbehörden. 
In allen Fällen der Ansübung des Königlichen Ernennungsrechtes bedarf es der Gegen- 
zeichnung der Bestallung durch den betr. Minister (Art. 41 und dazu Anmerk. D.). 
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. Das Recht des Königs — bezw. seiner Delegatare — zur Ernennung der Beamten 
findet, wie überhaupt die Organisationsgewalt, von welcher die Aemterbesetzung ja nur 
ein Theil ist, seine verfassungsmäßige Schranke in den Spezialetats, welche dem alljährlich 
durch ein Gesetz festzustellenden allgemeinen Staatshaushaltsetat (Art. 99) zur noth- 
wendigen Grundlage dienen. Dic darin enthaltenen ziffermäßigen Bestimmungen über 
die Zahl und die Amtseinkünfte der Beamten der einzelnen Stellen müssen innegehalten 
werden. Somit dürfen nur dieienigen Stellen besetzt werden, welche die Etats aussetzen, 
mögen auch in zeitweiligen Besoldungsersparnissen die Mittel vorhanden sein, um die 
Anstellungen über den Etat zu salariren; hierdurch ist natürlich nicht die zeitweilige 
Heranziehung von Hilfskräften, sondern nur die dauernde Anstellung über den Etat hin- 
aus für unzulässig erklärt. Ebenmäßig sind die Stellen mit den etatsmäßig ausgesetzten 
Gehältern zu dotiren. Ueberschreitungen der Etats würden die nachträgliche Genehmigung 
des Landtages erfordern (Art. 104) und könnten nur durch den Nachweis der Unvermeid- 
lichkeit gerechtfertigt werden, bis zu dessen Führung die betreffenden Minister dafür 
verantwortlich und, im Falle der Nichtgenehmigung, der Staatskasse persönlich verhaftet 
bleiben. Andererseits versteht sich aber auch von selbst, daß die in den Etats ausgesetzten 
Stellen nicht willkürlich unbesetzt gelassen oder mit geringerem Gehalte, als mit dem 
normalmäßigem, dotirt werden dürfen. Uebrigens ist die Rechtsgiltigkeit der Ernennung 
eines Beamten bezüglich des diesem aus der Ernennung erwachsenden Anspruchs auf 
das Diensteinkommen von der Etatsmäßigkeit des verliehenen Amtes unabhängig. Der 
Beamte kann seinen Gehalt, seinen Wohnungsgeldzuschuß, die etwaigen sonstigen fixirten 
Emolumente fordern und event. einklagen ohne Rücksicht darauf, ob Gehalt, Zuschuß rc. 
im Etat vorgesehen sind oder nicht. Sind sie nicht vorgesehen und verweigert der Land- 
tag die nachträgliche Genehmigung, so ist der Beamte keinenfalls gehalten, die empfan- 
genen Beträge der Staatskasse zu refundiren, sondern die Staatskasse bleibt mit ihrer 
Ersatzforderung auf denjenigen Minister, diejenige Behörde verwiesen, welche die Er- 
nennung gegengezeichnet oder selbst vollzogen haben.
	        
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