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1. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 50.
1. das Jahr 1740 für das damalige Staatsgebiet und das durch den Breslauer
Frieden vom 26. Juli 1742 erworbene Schlesien;
2. das Jahr 1797 für Westpreußen mit Inbegriff des Netzdistrikts und des Ermelandes,
jedoch mit Ausnahme der Stadt Danzig und deren altem Gebiete, sowie der Stadt
Thorn mit ihrem Gebiet;
3. das Jahr 1815 für die Rheinprovinz.
Für die übrigen Provinzen bezw. Provinztheile ist ein Normaljahr nicht festgesetzt.
Wer entweder selbst — oder wessen Vorfahren — 44 Jahre hindurch sich adeliger Prä-
dikate und Vorrechte ruhig bedient und also ein ausdrückliches oder stillschweigendes An-
erkenntniß des Staates für sich haben, für den streitet die rechtliche Vermuthung, daß ihm
der Adel wirklich zukomme, wogegen die nur ein= oder anderesmal geschehene Beilegung
adeliger Prädikate in gerichtlichen oder anderen öffentlichen Ausfertigungen zum Beweise
des Adels nicht hinreicht. Hat eine adelige Familie sich in zwei Geschlechtsfolgen ihres
Adels nicht bedient, so muß Derjenige, welcher davon wieder Gebrauch machen will, die
Befugniß dazu besonders nachweisen, §8 19, 20, 95 A. L. R. II. 9. Die Behörde, bei
welcher der Adel nachzuweisen steht, ist das die Standes= und Adelssachen bearbeitende,
von dem Ministerium des Königlichen Hauses ressortirende Heroldsamt.
Titel und Rang, welche mit einem Amte verbunden sind, werden schon durch die
darüber ausgefertigte Bestallung verliehen, § 84 A. L. R. II. 10; ihre Verleihung fällt
demnach unter Art. 47 der Verfassungsurkunde. Aber es werden auch von einem im
Staate oder am Hofe bestehenden oder nicht mehr bestehenden Amte oder Hofdienste
Titel abgeleitet, welche als bloße Auszeichnungen an Personen verliehen werden, die
überhaupt kein Amt oder wenigstens nicht das bezeichnete Amt bekleiden. Auf diese
Weise hat sich allmälig eine große Skala von Titeln gebildet. Obgleich durch spätere
Zusätze und Abänderungen durchlöchert und zu einem Gewirre zahlreicher Ungleichheiten
und Unzuträglichkeiten geworden, ist doch noch die Grundlage dieser ganzen Materie
die Verordnung wegen der den Civilbeamten beizulegenden Amtstitel und der Rang-
ordnung der verschiedenen Klassen derselben vom 7. Februar 1817 (Ges.-Samml. S. 61).
Zuhöchst stehen die Minister und diejenigen Beamten, welchen das Prädikat Excellenz
beigelegt ist. Dieses wird dauernd erst durch die Ernennung zum Wirklichen Geheimrath
erworben, vorübergehend aber auch von den Staatsministern und Oberpräsidenten wäh-
rend der Dauer dieser Stellung geführt. Alsdann folgen die höheren Ministerial- und
Provinzialbeamten in fünf, die Subalternbeamten in drei Klassen und die Unterbeamten.
Für diejenigen Kompetenzen, welche nach der Rangklasse bemessen werden (Wohnungsgeld-
zuschuß, Reisekosten, Tagegelder, Umzugskosten), ist maßgebend der mit dem Amte ge-
gebene, nicht der dem Beamten zu besonderer Auszeichnung verliehene Rang. Die
Titularräthe bilden zwei Klassen, welche den übrigen Rangklassen eingereiht sind. Im
Anschluß an die Rangklassen bestimmt sich die Uniform, welche von gewissen Beamten-
klassen stets im Dienste, von allen höheren Beamten bei feierlichen Gelegenheiten und
vor dem Könige (Galauniform) getragen wird.
. Da der König innerhalb der Monarchie und für die Preußischen Staatsangehörigen die
alleinige Quelle aller öffentlichen, staatlich anzuerkennenden Ehren ist, so können Adel,
Titel, Orden und Ehrenzeichen der Preußischen Staatsangehörigen nur von ihm ver-
liehen werden und erhalten die von fremden Sonveränen ertheilten Orden und Auszeich-
nungen nur dadurch Anspruch auf öffentliche Führung und staatliche Anerkennung, daß
der König sie genehmigt oder bestätigt. Dies ist bezüglich des Adels speziell aus-
gesprochen (8 13 A. L. R. II. 9 und Anhang § 118), steht bezüglich der Orden und
anderen Auszeichnungen nach gemeinem Gewohnheitsrechte fest und ist in Art. 50 zu
einem verfassungsmäßigen Grundsatz erhoben worden. Die akademischen Würden (Doktor,
Lizentiat, Magister) gehören nicht zu den in Art. 50 normirten Auszeichnungen, werden
aber, falls sie von einer nichtdeutschen Universität verlichen sind, im amtlichen Verkehr
nur Causa cognita anerkannt. Die Titel, welche Kommunalverbände, Privatvereine,
Privatpersonen ihren Angestellten bezw. Bediensteten verleihen, müssen herkömmlich der
Natur des Dienstes entsprechen und dürfen nicht das Prädikat „Königlich“ haben; ein
Anspruch auf ihre Anerkennung im amtlichen Verkehr existirt nicht. Der Fürst von
Hohenzollern darf noch jetzt, mit Genehmigung des Monarchen, den 1841 gestifteten
Fürstlichen Hausorden von Hohenzollern verleihen.
mDer Verlust der Orden, Ehrenzeichen und Titel tritt ein in Folge Aberkennung der
bürgerlichen Ehrenrechte, von Rang und Titel auch in Folge der im förmlichen Diszi-
plinarverfahren rechtskräftig erkannten Dienstentlassung.