I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 53. 151
„ — — so haben Wir der König gut gefunden, hiedurch insbesondere deutlich zu
declariren, was maßen Wir zu Conservation und Gloire Unsers Etats für unumb-
gänglich nöthig erachten, und Unsere wahre und ernstliche Intention allerdings da-
hin gehe, daß die gesambte von dem Allerhöchsten Unserm Königlichen Chur-Hause
gescheuckte Macht unzertrennlich beysammen bleibe, folglich auf oberwehnten Fall alle
und jede Lande, welche Wir anjetzo besitzen, oder von Unserer Königlichen Chur
Linie noch fernerhin erworben werden mögten, ohne Ausnahme, auf was Arth und
auo titulo, solche auch an dieselbe gelanget sind und zwar mit Ausschließung der
von Unserer Königlichen Chur Linie posterirenden weiblichen Descendentz und deren
obgleich männlichen Nachkommen, obbeschriebenermaßen an den Mannes-Stamm der
Fränckischen Linie fallen und vererbet werden sollen, ausf die Art und Weise, wie
solches bey denen in dem Hertzogthum Schlesien und der Graffschafft Glatz ein-
genommenen Huldigungen, in Ansehung dieser Provintzien, deutlich festgesetzet worden.
Wie Uns aber nicht unbekandt ist, daß sothane Disposition in Ansehung verschiedener
dererjenigen anderen Provintzien, und insonderheit dererjenigen, welche vermöge des weib-
lichen Successions Rechts an Unser Königliches Chur-Hauß gediehen, nicht geringen
Widerspruch finden dürffte, so wollen Wir nicht nur bey Unserm Leben Uns angelegen
seyn lassen, die dabey zu besorgende Hindernüsse zu heben, sondern auch dieses Werk
Unseren Successoren und Nachkommen auff das nachdrücklichste recommendiren und
Sie ernstlich ermahnen, daß Sie keine Gelegenheit vorbeylassen, insonderheit, wann
sich wegen Erlöschung Unserer Königlichen Chur Linie eine nähere Gefahr, als dem
Höchsten sey Dank, noch zur Zeit vorhanden, äußern mögte, die Indivisibilität
Unserer sämbtlichen Lande auff einen soliden Fuß zu setzen, und durch anständige
zu solchem Endtzweck abzielende Heyrathen und andere redliche und erlaubte Mittel,
wodurch die dagegen zu besorgende Einwendungen ohnkräfftig gemacht werden
könnten, zu versichern. Daferne aber das Göttliche Verhängnüß es dergestalt fügte,
daß auch in denen Fränckischen Linien Unsers Gesambt-Hankes der Mannes Stamm
gäntzlich verlöschete, so daß gar kein Marggraff zu Brandenburg mehr vorhanden
wäre, in solchem Falle wollen Wir denen Weiblichen Descendenten Unserer Königl.
Chur Linie und dererselben Nachkommen beyderley Geschlechts alle und jede Ihnen
an die durch Weibliche Succession an Unser Königliches Chur-Hauß gediehene
Stücke competirende Gerechtsahme ausdrücklich reserviret haben, dergestalt, daß die
nechste Erbin des letzten possessoris Unserer gegenwärtigen Königlichen Chur Linie
und deren Nachkommen beyderley Geschlechts hierunter vor der nechsten und allen
anderen Erbinnen der jetzigen Marggräfflichen Linie und deren Nachkommen, den
Vorzug genießen und in denen Provintzien und Landen, welche sich alsdann zur
weiblichen Erbfolge eröffnen werden, mit gäntzlicher Ausschließung der letzteren,
ohnstreitig und ohnwiedersprechlich succediren sollen."“
Diese Erklärung, ein Theil eines Hausgesetzes, läßt zwar die subsidiäre kognatische Erb-
folge bezüglich derjenigen Landestheile zu, welche kraft kognatischen Erbrechtes an Preußen
angefallen sind, setzt aber unzweidentig voraus, daß eine subsidiäre Thronfolge der Kognaten
bezüglich der ganzen Monarchie nicht existirt. Dies stimmt überein mit den Grund-
sätzen des Reichslehenrechts, wonach Mangels eines desbezw. Privilegiums die
Fürstenthümer Mannslehen waren. Daß daran durch Auflösung des Neichslehnsper-
bandes hat etwas geändert werden können, ist, von dem bei dieser Frage allein zulässigen
staatsrechtlichen Standpunkte aus betrachtet, zu verneinen. Auch v. Schulze (Bd. 1
§ 57 S. 180) bestreitet das subsidiäre Thronfolgerecht der Kognaten, wofür er sich auf
die gewichtige Autorität von H. A. Zachariä (Deutsches Staats- und Bundesrecht, 3.
Aufl., Bd. 1 § 66 S. 350 Anmerk. 6) berufen kann, und spricht sich über das partielle
Folgerecht in folgenden überaus zutreffenden Worten aus (Hausgesetze Bd. 3 S. 624,
Separatabdruck S. 90): ·
„Zu Zeiten des älteren Deutschen Reiches waren die meisten Gebiete des
Brandenburgischen Länderkomplexes Mannlehen, in denen von einer Succession der
Frauen und ihrer Nachkommen nicht die Rede sein konnte; nur in einzelnen kleinen
Gebieten, welche durch weibliche Erbfolge an das Haus gekommen waren, war die
subsidiäre kognatische Thronfolge stillschweigend beibehalten, so z. B. in den aus der
Jülich-Bergischen Succession erworbenen Ländern. Wäre daher der ganze Branden-
burgische Manusstamm zu Reichszeiten erloschen, so hätten nach den damaligen
Fürstenrechtlichen Grundsätzen die Kognaten auf diese Landestheile Anspruch machen
können, während die anderen Landestheile als erledigte Reichslehen heimgefallen
oder an die Erbverbrüderten gefallen wären.. Nach den Grundsätzen des heutigen