Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 53. 153 
des Staates, mit der Individualsuccession und der Primogeniturordnung vereinbar sind. 
Wird das Gesetz nicht noch bei Lebzeiten des letzten Throninhabers erlassen, so ist bei 
dem Tode desselben der Thron erledigt ohne Vorhandensein eines Thronfolgers. Wie 
es in diesem Falle zu verhalten sei, hat die Verfassungsurkunde nicht vorgeschrieben. 
Es tritt daher das Wahlrecht der durch den Landtag vertretenen Nation wieder in Kraft, 
wobei Art. 57 füglich Anwendung finden mag. Der gewählte Monarch würde der 
erste in der Reihe der Preußischen Könige aus dem neuen Königshause sein und, falls 
nicht Art. 53 abgeändert wird, auch in letzterem die Krone in dem Mannsstamme nach 
dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge sich vererben. 
. Bei der Thronfolge ist zu unterscheiden das Successionsrecht, welches von dem Stamm- 
vater des Hauses oder der Linie hergeleitet wird und allen successionsfähigen Gliedern 
des Hauses schon durch ihre Geburt zukommt, und die Successionsordnung, welche sich 
nach dem verwandtschaftlichen Verhältnisse zum letzten Throninhaber richtet und in 
jedem einzelnen Falle bestimmt. wer aus der ganzen Anzahl der Successionsberechtigten 
auf den erledigten Thron berufen ist. Alle successionsfähigen Prinzen haben schon durch 
ihre Geburt ein Recht auf die Succession, welches ihnen nicht willkürlich entzogen werden 
kann, wenn es auch erst für den Einzelnen nach Wegfall der zur Suession näher 
Berechtigten zur Wirksamkeit kommt. 
Von der Successionsordnung ist in Anmerk. B gehandelt. 
Damit ein Mitglied der Königlichen Familie überhaupt successionsberechtigt sei, 
ist erforderlich die leibliche Abstammung vom ersten Erwerber der Krone aus einer recht- 
mäßigen, hausgesetzlich konsentirten und ebenbürtigen Ehe. 
1. Zuerst also die leibliche Abstammung vom ersten Erwerber der Krone. Ascendenten 
und Seitenverwandte desselben sind ausgeschlossen. Adoptivkinder sind nicht folge- 
erechtigt. 
2. Diese Abstammung muß eine eheliche, also durch eine ununterbrochene Reihe ehelicher 
Zenugungen bis zum ersten Erwerber hinauf begründete sein (Filiationsprobe). Ob 
die Abstammung im einzelnen Falle eine eheliche sei, ist nach den allgemeinen 
Landesgesetzen — § 1 ff. A. L. R. II. 2 — zu entscheiden. Für die Form der Ehe- 
schließung ist gegenwärtig maßgebend das Gesetz über die Beurkundung des Per- 
sonenstandes und die Eheschließung vom 6. Febrnar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23 ff.), 
wobei als Standesbeamter der Minister des Königlichen Hauses fungirt. Nach 
§ 72 des genannten Reichsgesetzes 
werden im Uebrigen in Ansehung der Mitglieder der regierenden Häuser die 
auf Hausgesetzen oder Observanzen beruhenden Bestimmungen über die Ehe- 
schließungen und die Gerichtsbarkeit in Ehesachen nicht berührt. 
Uncheliche Kinder, mögen sie auch per subsequens matrimonium (sog. Mantel- 
kinder) oder per rescriptum principis legitimirt sein, sind successionsunfähig. 
3. Abgesehen von dem nach 8 29 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 eventuell er- 
sforderlichen elterlichen (väterlichen, mütterlichen, vormundschaftlichen) Konsense ist 
zu jeder Ehe eines Mitgliedes des Königlichen Hauses die Zustimmung des Familien- 
oberhauptes, also des Königs, erforderlich. Die aus einer gegen diese Bestimmung 
geschlossenen Ehe hervorgehenden Kinder sind nicht successionsfähig, nehmen nicht 
Theil an Stand, Titel und Wappen des Vaters, haben dem Königlichen Hause 
gegenüber keinen Anspruch auf Apanage, Gewährung eines Unterhaltes, Mitgift 
oder Witthum. 
4. Endlich muß die Ehe, damit die Kinder successionsfähig sind, eine ebenbürtige sein. 
Die Hausgesetze schreiben die Ebenbürtigkeit nicht unmittelbar vor, aber in dem 
Pactum gentilitium vom 20./30. November 1695 Nr. 7 wird von der „bißhero 
löbl. beobachteten observanz“ gesprochen, und in dem Pactum gentilitium vom 
30. Januar 1707 heißt es in Nr. 8: 
Und wie nicht eines der geringsten ist, so zum perpetuirlichen flor und lustre 
Durchlauchtigster Häußer was großes beytragen kan, daß ein hohes Geblüth 
sich auch mit gleichen seines Standes und Herkommens verbinde, und nicht 
durch ungleiche geringe Heyrathen verkleinert und verächtlich gemacht werde, 
deshalb auch bereits den 7. 8 des pacti was gewisses disponiret, so wird ferner 
umb hierin so viel möglich allen Unanständigkeiten weiter vorzukommen, 
solcher paragraphus hierdurch ausdrücklich declariret, daß die Heyrathen so 
unter dem Grafen Stand geschehen, vor ungleich geachtet, und diejenigen 
Fürsten und Grafen von Hohengollern, so dergleichen treffen, über dem daß 
die daher erfolgende Descendenten des Tituls, Nahmens und der Surrcession
	        
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