172 I. Verfassungsurkunde v. 31. Januar 1850. Art. 60.
Verfassung der obersten Staatsbehörden, vom 27. Oktober 1810 (Ges.-Samml. S. 3)
bestimmte dagegen, daß der Staatsrath keine Verwaltung habe, konstituirte ihn also
nur als berathende Behörde. Die Verordnung, betreffend die Einführung des
Staatsrathe, vom 20. März 1817 (Ges.-Samml. S. 67) traf endlich die erforder-
lichen speziellen Anordnungen, wonach der Staatsrath am 30. März 1817 in Wirksam-
eit trat.
Nach der letztgenannten Verordnung vom 20. März 1817 (dazu eine Deklaration
vom 5. April 1817, Ges.-Samml. S. 122) ist der versammelte Staatsrath für die Krone
„die höchste berathende Behörde, hat aber durchaus keinen Antheil an der Verwaltung."
d seinem Wirkungskreise gehören die Grundsätze, nach denen verwaltet werden
oll, mithin:
a) alle Gesetze, Verfassungs= und Verwaltungsnormen, Pläue über Verwaltungsgegen-
stände, durch welche die Verwaltungsgrundsätze abgeändert werden, und Berathungen
über allgemeine Verwaltungsmaßregeln, zu welchen die Ministerialbehörden ver-
fassungsmäßig nicht autorisirt sind, dergestalt, daß sämmtliche Vorschläge zu neuen
oder zur Aufhebung, Abänderung und authentischen Deklaration von bestehenden
Gesetzen und Einrichtungen durch ihn an den König zur Sanktion gelangen müssen;
Streitigkeiten über den Wirkungskreis der Ministerien;
e) alle Gegenstände, welche durch schon bestehende gesetzliche Bestimmungen vor den
Staatsrath gehören;
d) alle Sachen, welche der König in einzelnen Fällen an den Staatsrath weisen wird,
welches dem Befinden nach besonders in Absicht auf die von den Unterthanen ein-
gehenden Beschwerden über die Entscheidung der Ministerien geschehen wird. Die
auswärtigen Angelegenheiten sollen nur dann an den Staatsrath gebracht werden,
wenn der König es in wichtigen Fällen besonders verordnet.
Den Vorsitz im Staatsrath führt, falls der König ihn nicht selbst übernimmt,
der vom König ernannte Präsident, welcher die Verhandlungen leitet. Der Staatsrath
besteht aus den Prinzen des Königlichen Hauses, sobald sie das achtzehnte Lebensjahr
erreicht haben; aus Staatsdienern, welche durch ihr Amt zu Mitgliedern desselben be-
rufen sind (der Präsident des Staatsministeriums, die Feldmarschälle, die aktiven Staats-
minister, der Staatssekretär, als welcher die Feder im Staatsrath führen, die Protokolle
und Gutachten desselben fassen und das Formelle des Geschäftsganges besorgen wird,
der Chefpräsident der Oberrechnungskammer, der Geheime Kabinetsrath, der Chef des
Militärkabinets, sowie, wenn sie in Berlin anwesend sind, die kommandirenden Generäle
und Oberpräsidenten): endlich aus Staatsdienern, welchen aus besonderem Königlichen
Vertrauen Sitz und Stimme im Staatsrathe beigelegt worden ist. Diese bilden sämmt-
lich das Plenum, vor welches keine anderen als völlig zur Entscheidung instruirte Sachen
kommen dürfen. Zur Vorbereitung für das Plenum zerfällt der Staatsrath in sieben
Abtheilungen, deren Zusammensetzung aus je fünf Mitgliedern alljährlich vom König
bestimmt wird. Zu diesen Abtheilungen können auch nicht zum Staatsrath gehörende
Personen, als Staatsbeamte, Gelehrte, Kaufleute, Grundbesitzer, ohne Stimmrecht zuge-
zogen werden. Die Minister müssen selbst oder durch einen ihrer Räthe an den Arbeiten
der Abtheilungen theilnehmen, um über alles Auskunft zu geben, jedoch ohne Stimmrecht.
Durch die Verordnung, betr. die Vereinfachung der Berathungen des Staats-
raths, vom 6. Januar 1848 (Ges.-Samml. S. 15) wurde die Bestimmung, daß sämmt-
liche Gesetzesvorschläge nur durch den Staatsrath zur Königlichen Sanktion gelangen
könnten, und ebenso die Bestimmung, daß Streitigkeiten über den Wirkungskreis der
Ministerien vor den Staatsorath gehörten, ausgehoben. Neben die Plenarversammlung
wurde eine engere gestellt, und die Begutachtung in der letzteren sollte die Regel bilden,
die durch das Plenum dagegen nur ausnahmsweise aus besonderen Gründen eintreten.
Die engere Versammlung sollte, unter dem Vorsitz des Präsidenten, bestehen aus: sämmt-
lichen Mitgliedern des Staatoministeriums; dem Staatssekretär; den Mitgliedern der-
jenigen Abtheilung, welche nach der Geschäftsordnung den Plenarvortrag über die zu
begutachtende Sache als Hauptabtheilung vorzubereiten haben würde; aus mindestens
je zwei Mitgliedern derienigen Abtheilungen, welche nach der Geschäftsordnung an der
Vorbereitung der Sache zum Plenarvortrage als Nebenabtheilung Theil zu nehmen
haben würden; endlich aus zwei oder mehreren anderen Mitgliedern des Staats-
raths. Der Präsident hatte für jede Sache die Haupt= und Nebenabtheilung zu be-
stimmen und dem Könige die für die engere Versammlung besonders zu ernennenden
Mitglieder in Vorschlag zu bringen. Darüber, ob das Gutachten vom Staatsrathe in
einer Plenarversammlung oder in einer engeren Versammlung abgegeben werden solle,