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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 60.
Einrichtung und die Befugnisse der Oberrechnungskammer, vom 27. März 1872 8§2,
Ges.-Samml. S. 278);
5. unter seiner speziellen Oberleitung stehen die Generalkommission in Angelegenheiten
der Königl. Orden, die Staatsarchive und das Gesetzgebungsamt.
Eine fernere Auszeichnung vor den anderen Ministern besteht darin, daß er allein
Repräsentationsgelder bezieht und in der Hofrangordnung mehrere Nummern vor ihnen
rangirt. Damit ist die staatsrechtliche Bedeutung seiner Stellung erschöpft. Vorgesetzter
der anderen Minister ist er in sachlicher Beziehung durchaus nicht. Nach einer nicht
publizirten Kabinetsordre vom 8. September 1852 soll allerdings jeder Minister von
dem Gegenstande und der Stunde eines dem Könige zu erstattenden Vortrages dem
Ministerpräsidenten Zwecks eventueller Anwesenheit beim Vorurage rechtzeitig Mittheilung
machen, aber aus dieser Anwesenheit erwachsen dem Ministerpräsidenten keine Befugnisse,
die Ignorirung jener Kabinetsordre ist von keinen staatsrechtlichen Folgen begleitet.
Der Einfluß, den der Ministerpräsident auf die anderen Minister ausübt, ist daher nur
ein thatsächlicher, nicht ein staatsrechtlicher, beruht auf seiner Persönlichkeit, nicht auf
seinem Amte. Staaterechtlich findet sich der Einheitspunkt der laufenden Staatsverwaltung
weder in dem Staatsministerium noch in dem Ministerpräsidenten, sondern ausschließlich in
dem Monarchen, obgleich diesem ein genauer Ueberblick über alle einzelnen Zweige der
Staatsverwaltung natürlich unmöglich ist.
Daß sich jener Einheitspunkt in dem Staatsministerium finde, wird vielfach an-
genommen, aber mit Unrecht. Bereits das Publikandum, betreffend die Verfassung der
obersten Staatsbehörden in Beziehung auf die innere Landes= und Finanzverwaltung,
vom 16. Dezember 1808 (Ges.-Sammlung 1806/1810 S. 362) verwies auf
eine besondere Instruktion für die Geschäftsführung des Staatsministeriums. Die
Kabinetsordre, betreffend die Anordnung des Staatsministerii aus
den Geschäftskreisen der Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten,
der Justiz, des Krieges und des Innern vom 3. Juni 1814 (Ges.-Samml.
S. 40) befahl, daß das Staatsministerium
sich wöchentlich einmal, oder falls es nöthig ist, mehrmals versammeln und all-
gemeine Gegenstände, desgleichen solche, wo die Ressorts in einander greifen und
eine gemeinschaftliche Ueberlegung erforderlich ist, mit einander berathen soll.
Die Verordnung, betreffend die veränderte Anordnung der Mi-
nisterien und den Geschäftskreis des gesammten Staatsministerii, vom
3. November 1817 (Ges.-Samml. S. 289) traf endlich folgende sachliche Anordnungen:
VIII. Damit das gesammte Staatsministerium das Ganze der Verwaltung stets
übersehe, soll jeder Minister verpflichtet sein, von Zeit zu Zeit allgemeine Ueber-
sichten der ihm anvertrauten Geschäftszweige zur Kenntniß des Ministeriums zu
bringen; insonderheit aber sollen darin vorgetragen und berathen werden:
1. alle Entwürfe zu neuen Gesetzen und Abänderungen, ohne Ausnahme, — —;
desgleichen Anordnungen, die ein allgemeines Interesse betreffen oder in der
bestehenden Verfassung etwas verändern;
. die Verwaltungsrechenschaften der Oberpräsidenten für das abgelaufene Jahr;
. die Verwaltungspläne derselben für das künftige Jahr;
. die monatlichen sog. Zeitungsberichte der Regierungen:
. periodische Uebersichten vom Zustande der Generalkassen;
die Etats der General- und Provinzialhauptkassen, soweit sie die laufende Ver-
waltung betreffen;
g abweichende Ansichten zwischen den einzelnen Ministern;
die Vorschläge wegen Anstellung der Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten
und derer der obern Justizkollegien, der Direktoren, der oerforhemeister und
mit diesen gleichen Rang habenden Beamten;
10. die Vorschläge zu vortragenden Räthen bei den Departements bleiben den,
diese leitenden Rinistern überlassen, nur müssen sie sich, wenn es einen, in
einem anderen Departement angestellten, oder unter demselben stehenden Beamten
trifft, mit dem Chef desselben darüber vereinigen.
— — S— die Minister, können durch die bei Ihnen angestellten Räthe
Vorträge im Ministerium halten lassen.
Wie oft das Ministerium sich versammeln müsse, wird von dem Umfange
der Geschäfte abhängen.