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I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 60.
. Das Staatsministerium ist befugt, unter gewissen, gesetzlich näher bezeichneten Vor-
aussetzungen die Art. 5, 6, 27, 28, 29, 30 und 36 der Verfassungsurkunde oder
einzelne derselben zeit= und distriktweise außer Kraft zu setzen (Gesetz über den Be-
lagerungszustand vom 4. Juni 1851 8 16, unten Anm. B. 5 zu Art. 111).
Die Königl. Verordnung, durch welche eine Stadtverordnetenversammlung, ein Kreistag,
ein Provinziallandtag ausgelöst wird, muß von dem Staatsministerium beantragt
sein (Städteordnung sar die sechs östlichen Provinzen der Monarchie, mit Ausnahme
von Neuvorpommern und Rügen, vom 30. Mai 1853 § 79 und analog die übrigen
Städteordnungen, Kreisordnung für die Provinzen Ost= und Westpreußen, Branden-
burg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 13. Dezember 1872/19. März 1881
§ 179 und analog die übrigen Kreisordnungen, Provinzialordnung für die Pro-
vinzen Ost= und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom
29. Juni 1875/22. März 1881 und analog die übrigen Provinzialordnungen; siehe
unten Anm. B. 2, 3, 4 zu Art. 105).
Nach § 2 Nr. 3, 4 der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen
der Monarchie vom 3. Juli 1891 und für Schleswig-Holstein vom 4. Juli 1892
(Ges.-Samml. 1891 S. 233, 1892 S. 147 154) ist das Staatsministerium in letzter
Instanz zuständig bezüglich der Vereinigung von Landgemeinden und Gutsbezirken
mit anderen Gemeinde= oder Gutsbezirken, der Umwandlung von Gutsbezirken in
Landgemeinden und von Landgemeinden in Gutsbezirke, sowie bezüglich der Ab-
trennung einzelner Theile von einem Gemeinde= oder Gutsbegzirke und deren Ver-
einigung mit anderen Gemeinde= oder Gutsbezirken.
. Nach dem Gesetz, betreffend die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten
und die Versetzung derselben auf eine andere Stelle oder in den Ruhestand, vom
21. Juli 1852 §§ 28, 41, 90 (Ges.-Samml. S. 465) steht dem Staatsministerium
die Entscheidung zu über die Kompetenzstreitigkeiten der Disziplinarbehörden als solcher,
über die Berufung gegen die Erkenntnisse der Disziplinarbehörden erster Instanz und
über den Rekurs eines Beamten gegen dessen von dem betreffenden Departements-
minister ausgesprochene Versetzung in den Ruhestand. Für die Provinzial-, Kreis-
und Kommunalbeamten sind die Verwaltungsgerichte (Bezirksausschuß, Oberver-
waltungsgericht) die entscheidenden Disziplinargerichte.
Die Ernennung des Präsidenten der Oberrechnungskammer erfolgt auf Vorschlag
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des Staatsministeriums und das Geschäftsregulativ der Oberrechnungskammer wird
auf Vorschlag dieser Behörde und des Staatsministeriums durch Königliche Ver-
ordnung erlassen (Gesetz, betreffend die Einrichtung und die Befugnisse der Ober-
rechnungskammer, vom 27. März 1872 8§ 2, 7, Ges.-Samml. S. 278).
Ebenso erfolgt auf Vorschlag des Staatsministeriums die Ernennung des Präsidenten
des Oberlandeskulturgerichts (Verordnung vom 22. November 1844, betreffend
den Geschäftsgang und Instanzenzug bei den Auseinandersetzungsbehörden, § 8,
Ges.-Samml. 1845 S. 19, und Gesetz, betreffend das Verfahren in Auseinander-
setzungsangelegenheiten, vom 18. Februar 1880 § 2,. Ges.-Samml. 1880 S. 59).
Eine Reihe Behörden sind nicht einem einzelnen Minister, sondern dem Staatsministerium
unterstellt, welches dem Monarchen die zu ernennenden Mitglieder vorzuschlagen
und die Geschäftsregulative zu bestätigen hat. Diese' Behörden sind:
a) das Centraldirektorium der Vermessungen im Preußischen Staate;
b) der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte;
W) der Disziplinarhof für nicht richterliche Beamte;
d) das Oberverwaltungsgericht;
e) die Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte;
s) die Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen;
8) das litterarische Bureau des Staatsministeriums;
h) die Redaction des Deutschen Reichs= und Königlich Preußischen Staatsanzeigers;
i) die Redaction der Gesetzsammlung.
Nach §8 1, 30 des Gesetzes über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen vom
28. Juli 1892 (Ges.-Samml. S. 225) hat das Staatsministerium darüber zu ent-
scheiden, ob die Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Gesetzes über die Eisen-
bahnunternehmungen vom 3. November 1838 (Ges.-Samml. S. 505) vorliegt, und
ob eine Kleinbahn eine solche Bedeutung für den allgemeinen voerkeftr gewonnen hat,
daß sie als Theil des allgemeinen Eisenbahnnetzes zu behandeln ist
Das Gesetz, betreffend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Pro-
vinzen der Monarchie, vom 3. Juni 1876 (Ges.-Samml. S. 125) bestimmt in