Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

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B. 
I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 63. 
Vorgang desselben ist, und andererseits jede in der vom Gesetze vorgeschriebenen Form 
gemachte, sich nicht selbst als transitorische bezeichnende Publikation durch die Staats- 
regierung so lange in Kraft bleibt, bis sie durch eine entgegengesetzte aufgehoben ist. 
Zu dieser Auffassung stimmt die übrige Preußische Gesetzgebung. So be- 
sagen die §§ 139, 143 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung 
vom 30. Juli 1883 (Ges.-Samml. S. 195): 
1339. 
Die gemäß §§ 137, 138 von dem Oberpräsidenten zu erlassenden Polizei- 
vorschriften bedürfen der Zustimmung des Provinzialraths, die von dem Re- 
gierungspräsidenten zu erlassenden Polizeivorschriften der Zustimmung des Be- 
zirksausschusses. In Fällen, welche keinen Aufschub gestatten, ist der Ober- 
präsident sowie der Regierungspräsident befugt, die Polizeivorschrift vor Ein- 
holung der Zustimmung des Provinzialraths bezw. des Bezirksausschusses zu 
erlassen. Wird diese hutmmung nicht innerhalb drei Monaten nach dem Tage 
der Publikation der Polizeivorschrift ertheilt, so hat der Oberpräsident bezw. 
der Regierungspräsident die Vorschrift außer Kraft zu setzen. 
8 143. 
Ortspolizeiliche Vorschriften (§§ 5 ff des Gesetzes vom 11. März 1850 bezw. 
der Verordnung vom 20. September 1867 und des Lauenburgischen Gesetzes 
vom 7. Januar 1870), soweit sie nicht zum Gebiete der Sicherheitspolizei ge- 
hören, bedürfen in Städten der Zustimmung des Gemeindevorstandes. Versagt 
der Gemeindevorstand die Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag der Be- 
hörde durch Beschluß des Bezirksausschusses ergänzt werden. 
In Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, ist die Ortspolizeibehörde be- 
fugt, die Polizeivorschrift vor Einholung der Zustimmung des Gemeindevor- 
standes zu erlassen. Wird diese Zustimmung nicht innerhalb vier Wochen nach 
dem Tage der Publikation der Polizeivorschrift ertheilt, so hat die Behörde 
die Vorschrift außer Kraft zu setzen. 
Wäre die Ansicht v. Rönne's und v. Gerber's richtig, so hätte Art. 63 
lauten müssen wie § 8 des zwar vom Reiche, aber unter wesentlicher Mitwirkung 
des Preußischen Königs und des Preußischen Ministerpräsidenten erlassenen Gesetzes, 
betreffend die Einführung der Verfassung des Deutschen Reiches in 
Elsaß-Lothringen, vom 25. Juni 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 161): 
Auch nach Einführung der Verfassung und bis zu anderweiter gesetzlicher 
Regelung kann der Kaiser unter Zustimmung des Bundesrathes, während der 
Reichstag nicht versammelt ist, Verordnungen mit gesetzlicher Kraft erlassen. 
Dieselben dürfen Nichts bestimmen, was der Verfassung oder den in Elsaß- 
Lothringen geltenden Reichsgesetzen zuwider ist, und sich nicht auf solche An- 
elegenheiten beziehen, in welchen nach § 3 Absatz 2 des die Vereinigung von 
sch-Lothringen mit dem Deutschen Reiche betreffenden Gesetzes vom 9. Juni 
1871 die Zustimmung des Reichstages erforderlich ist. 
Auf Grund dieser Ermächtigung erlassene Verordnungen sind dem Reichs- 
tage bei dessen nächstem Zusammentritt zur Genehmigung vorzulegen. Sie 
treten außer Kraft, sobald die Genehmigung versagt wird. 
Die Nothverordnung hat, bis sie außer Kraft gesetzt wird, Gesetzeskraft und verliert diese 
durch die Setzung außer Kraft für die Zukunft, wird aber nicht rückwärts annullirt. 
Eine solche Annullirung ist nicht vorgeschrieben und wie mit einem ordentlichen Gesetze, 
so auch mit dem Wesen der Nothverordnung nicht vereinbar. Denn wenn die Verfassung 
den Monarchen zum Erlaß von Nothverordnungen ermächtigt hat, kann sie dies, ohne 
die Rechtssicherheit des ganzen Staatslebens in Frage zu stellen, nur in dem Sinne 
gewollt haben, daß die Lerordnung in so lange, als sie besteht, wirklich gelten soll, so 
daß die darauf gegründeten Rechtsverhältnisse durch ihre Aufhebung nicht hinfällig werden. 
Aber auch nur die darauf gegründeten Rechtsverhältnisse. Für die außerhalb jenes 
Zeitraumes, also vor dem Erlaß und nach der Aufhebung begründeten Rechtsverhältnisse 
kann der Nothverordnung vom Augenblick ihrer Aufhebung an keine rechtlich verbindende 
Kraft beigemessen werden. Insbesondere tritt das durch die Nothverordnung abgeänderte 
objektive Recht sogleich wieder in Geltung. Dies ist ganz besonders dann klar, wenn 
der Inhalt der Nothverordnung eben nur in der Aufhebung einer Rechtsvorschrift be- 
standen hat, in welchem Falle ja auch nur jene Aufhebung außer Kraft gesetzt wird, 
d. h. die Rechtsvorschrift sofort wieder Geltung und Wirksamkeit gewinnt. 
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