Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

I. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 82. 239 
eines ihrer Mitglieder und eine jede Untersuchungs= oder Civilhaft für die Dauer der 
Situngsperiode aufgehoben wird“, aber ein sachlicher Unterschied würde dadurch nicht 
egründet. 
In der Sitzung vom 3. Dezember 1873 (Stenogr. Berichte 1873/1874 Bd. 1 
S. 163) beschloß das Abgeordnetenhaus, die Staatsregierung aufzufordern, über die Ent- 
schließungen der vom Hause der Abgeordneten an sie gerichteten Anträge und Resolutionen 
beim Beginne der nächsten ordentlichen Session in Form einer schriftlichen Uebersicht 
Auskunft zu ertheilen. Seitdem theilt die Staatsregierung jedem der beiden Häuser zu 
Beginn einer jeden Session eine Uebersicht der Eütchliehungen mit, die sie über die 
von dem Hause in der letzt vorhergehenden Session gestellten Anträge und Resolutionen 
getroffen hat. Die Geschäftsordnungen für das Herrenhaus § 52 und für das Haus 
der Abgeordneten § 35 ordnen die parlamentarische Behandlung dieser Uebersichten, mit 
dem Hinzufügen, daß zwar bei der Debatte die Stellung eines Antrages unzulässig ist, 
aber jedem Mitgliede überlassen bleibt, den Gegenstand in den regelmäßigen Formen 
der Geschäftsordnung weiter zu verfolgen. 
Artikel 82. 
Eine jede Kammer hat die Befugniß, Behufs ihrer Information 
Kommissionen zur Untersuchung von Thatsachen zu ernennen. 
Zur Vorbereitung der Beschlüsse werden in beiden Häusern des Landtages für 
gewisse Angelegenheiten Kommissionen gewählt, nämlich im Herrenhause (Geschäftsordnung 
§§ 15, 69) für die Legitimationsprüfung der Mitglieder des Hauses (Matrikelkommission), 
für die Geschäftsordnung, Petitionen, den Staatshaushaltsetat und die Finanzangelegen- 
heiten, Justizangelegenheiten, Handels- und Gewerbeangelegenheiten, Eisenbahnangelegen- 
Foen. kommunale Angelegenheiten, Agrarverhöltnisse im Abgeordnetenhaufe (Ge- 
chäftsordnung §§ 5, 26) für die Wahlprüfung, Geschäftsordnung, Petitionen, Staats- 
haushaltsetat, Prüfung der Allgemeinen Rechnungen über den Staatshaushalt, 
Justizwesen, Gemeindewesen, Agrarverhältnisse, Unterrichtswesen. Außerdem kann zur 
Vorberathung einzelner Angelegenheiten die Einsetzung besonderer Kommissionen be- 
schlossen werden. Ferner kann unter Genehmigung des Hauses der Präsident des Ab- 
geordnetenhauses auch neben den Kommissionen besondere Kommissarien ernennen, welche 
beauftragt werden, über einzelne Abschnitte des Staatshaushaltsetats Information ein- 
zuziehen, zu diesem Zwecke nöthigenfalls mit Vertretern der Staatsregierung zu ver- 
handeln und dem Hause Bericht zu erstatten. 
Eine ganz andere Bedeutung haben die Kommissionen, zu deren Ernennung Art. 82 
ermächtigt. 
Der Verfassungsentwurf vom 20. Mai 1848 enthielt eine gleiche Bestimmung 
nicht. In der Verfassungskommission der Nationalversammlung wurde beantragt, fol- 
gende Bestimmung in die Verfassungsurkunde aufzunehmen: 
Eine jede Kammer hat das Recht, Kommissionen zur Untersuchung that- 
sächlicher Verhältnisse mit dem Auftrage zu ernennen, durch Vermittelung des Staats- 
ministeriums die betreffenden Behörden zur Erledigung der an sie gelangenden 
Aufträge zu requiriren. 
Schließlich wurde von der Kommission, mit der ausdrücklichen Motivirung, daß 
es nicht für nöthig erachtet worden sei, die Requisition der Behörden nur durch Ver- 
mittelung des Staatsministeriums eintreten zu lassen, folgender Vorschlag in den Ver- 
fassungsentwurf ausgenommen: 
Eine jede Kammer hat die Befugniß, Kommissionen zur Untersuchung von 
Thatsachen mit dem Rechte zu ernennen, unter Mitwirkung richterlicher Beamten 
eidliche Zeugenvernehmungen vorzunehmen und die Behörden zur Assistenz zu 
requiriren. 
In der oktroyirten Verfassungsurkunde vom 5. Dezember 1848 stand als Art. 81 
wörtlich dieselbe Bestimmung, welche den obigen Art. 82 der jetzigen Verfassungsurkunde 
bildet. Bei der Revision wurde in der Kommission der Zweiten Kammer die Frage 
aufgeworfen, ob der Artikel den Kommissionen auch die Befugniß verleihe, Zeugen und 
Sachverständige zu vernehmen, auf welche Befugniß der größte Werth zu legen sei, da 
eben auf diesem Wege der gründlichen Untersuchung gewerblicher Zustände und anderer 
Landesverhältnisse die Kammern eine sehr heilsame Wirkung ausüben könnten. Die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.