250 I. BVerfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 87.
§& 77 bis 86 des Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze vom
24. April 1878 (Ges.-Samml. S. 230) und in dem Gesetz, betreffend die Führung
der Aufsicht bei dem Amtsgericht 1 und dem Landgericht 1 in Berlin, sowie die Hand-
habung der Disziplinargewalt bei dem ersteren Gerichte, vom 10. April 1892 (Ges.=
Samml. S. 77). An der Spitze der gesammten Justizverwaltung steht der Justizminister.
Der wichtigste Zweig der Justizverwaltung ist die Justizaufsicht. Das Recht der Auf-
sicht steht zu dem Justizminister hinsichtlich sämmtlicher Gerichte, dem Präsidenten des
Oberlandesgerichts hinsichtlich dieses Gerichts, sowie der Gerichte des Bezirks, dem
Präsidenten des Landgerichts hinsichtlich dieses Gerichts, sowie der Gerichte des Bezirks,
dem Amtsgerichtspräsidenten des Amtsgerichts I. in Berlin hinsichtlich dieses Gerichts.
In dem Rechte der Aufsicht liegt die Befugniß, die ordnungswidrige Ausführung eines
Amtsgeschäfts zu rügen und zu dessen rechtzeitiger und sachgemäßer Erledigung zu er-
mahnen, gegen welche Maßregel der Richter entweder Beschwerde einlegen oder Ein-
leitung der Disziplinaruntersuchung verlangen kann (Gesetz, betreffend die Abänderung
von Bestimmungen der Disziplinargesetze, vom 9. April 1879, Ges.-Samml. S. 315).
Ein fernerer Ausfluß des Rechtes der Aufsicht äußert sich in der Befugniß der Auf-
sichtsinstanz zur Entscheidung auf Beschwerden, welche Angelegenheiten der Justizver-
waltung, insbesondere den Geschäftsbetrieb und Verzögerungen betreffen. Die Gerichte
sind ferner verpflichtet, auf Verlangen der Aussichtsbehörden über Angelegenheiten der
Gesetzgebung und der Justizverwaltung Gutachten abzugeben. Zum Ersatz von Schäden
und Kosten können die Richter im Aufsichtswege nicht angehalten werden.
B. Das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 bestimmt in seinem
§ 1.
Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem Gesetze unter-
worfene Gerichte ausgeübt.
Auch diese reichsgesetzliche Vorschrift bezweckt lediglich, jede Kabinetsjustiz und jede Ein-
wirkung von Verwaltungsbehörden auf den Richterspruch auszuschließen, läßt ebenfalls
den vorgesetzten Gerichten nur die durch die Prozeßordnungen im gesetzlich geregelten
Instanzenzuge normirte Abänderungsbefugniß, ohne eine dem Spruche vorausgehende
instruktive Einwirkung. Abs. 1 des Art. 86 erhält durch sie eine reichsrechtliche Garantie.
Artikel 87.
Die Richter werden vom Könige oder in dessen Namen auf ihre
Lebenszeit ernannt.
Sie können nur durch Richterspruch aus Gründen, welche die
Gesetze vorgesehen haben, ihres Amtes entsetzt oder zeitweise enthoben
werden. Die vorläufige Amtssuspension, welche nicht kraft des Ge-
setzes eintritt, und die unfreiwillige Versetzung an eine andere Stelle
oder in den Ruhestand können nur aus den Ursachen und unter den
Formen, welche im Gesetze angegeben sind, und nur auf Grund eines
richterlichen Beschlusses erfolgen.
Auf die Versetzungen, welche durch Veränderungen in der
Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke nöthig werden, finden
diese Bestimmungen keine Anwendung.
A. Abs. 1 verb. „oder in dessen Namen“ ist seit dem 1. Oktober 1879 wegfällig geworden
durch das Ausführungsgesetz zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze
vom 24. April 1878 8 7:
Die Richter, einschließlich der Handelsrichter, werden vom Könige ernannt.
Die Bestellung zum Hülfsrichter erfolgt durch den Justizminister (Ausführungsgesetz § 4).
Die Versetzung richterlicher Mitglieder der Landgerichte und Amtsgerichte an ein
anderes Gericht erster Instanz geht ebenfalls von dem Justizminister aus (Allerhöchster
Erlaß vom 8. Dezember 1879, betreffend das Verfahren bei Versetzungen richterlicher
Mitglieder der Landgerichte und Amtsgerichte, sowie das Verfahren bei dem Uebertritt