Full text: Die Verfassungs-Urkunde für den Preußischen Staat vom 31. Januar 1850.

1. Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Art. 94. 95. 269 
9 86. 
— — — — — in gerichtlichen Angelegenheiten, welche zu der ordentlichen 
streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören, — — — —. Sosfern in diesen Angelegen- 
heiten eine mündliche Verhandlung nach Vorschrift der Deutschen Prozeßordnungen 
stattfindet, erfolgt dieselbe öffentlich nach den Bestimmungen der §8 170—176 des 
Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes. Vorstehende Bestimmungen finden auf die 
zur Zuständigkeit der Auseinandersetzungsbehörden gehörigen Angelegenheiten keine 
Anwendung. 
Die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes finden also auch Anwendung 
auf die Verhandlungen der besonderen Gerichte, mit Ausschluß jedoch der Auseinander- 
setzungsbehörden. Die Verhandlungen der ordentlichen Gerichte in Sachen der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit und der besonderen Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
(Art. 91 Anmerk. B., oben S. 262) erfolgen stets unter Ausschluß der Oeffentlichkeit. 
B. Das Gerichtsverfassungsgesetz (Fassung des Gesetzes vom 5. April 1888) 
bestimmt in - 
§ 195. 
Bei der Berathung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung 
berufenen Richtern nur die bei demselben Gerichte zu ihrer juristischen Ausbildung 
beschäftigten Personen zugegen sein, soweit der Vorsitzende ihre Anwesenheit gestattet. 
Das Ausführungsgesetz zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetze hat 
dies durch 
l 90. 
In gerichtlichen Angelegenheiten, welche zu der ordentlichen streitigen Ge- 
richtsbarkeit nicht gehören, erfolgt die Berathung und Abstimmung nach den Vor- 
schriften der 88 194—199 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes. 
auf die Berathungen und Abstimmungen der ordentlichen Gerichte in Sachen der frei- 
willigen Gerichtsbarkeit, der besonderen Gerichte der streitigen und der besonderen Ge- 
richte der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstreckt. 
Artikel 94. 
Bei den mit schweren Strafen bedrohten Verbrechen, bei allen politischen Ver- 
brechen und bei allen Pressvergehen, welche das Gesetz nicht ausdrücklich ausnimmt, 
erfolgt die Entscheidung über die Schuld des Angeklagten durch Geschworene. 
Die Bildung des Geschworenengerichts regelt das Gesetz. 
Artikel 95. 
Es kann durch ein mit vorherigerzustimmung der Kammern zu erlassendes 
Gesetz ein besonderer Schwurgerichshof errichtet werden, dessen zustündigkeit die Ver- 
brechen des Hochverraths und diejenigen schweren Verbrechen gegen die innere und 
äussere Sicherheit des Staats, welche ihm durch das Gesetz überwiesen werden, begreift. 
Die Bildung der Geschworenen bei diesem Gerichte regelt das Gesetz. 
Die Artikel 94 und 95 sind abgeändert durch das 
Gesetz, betreffend die Abänderung der Artikel 94 und 95 der 
Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850. Vom 21. Mai 1852. (Ges.= 
Samml. S. 249.) 
Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von 
Preußen zm. verordnen, mit Zustimmung der Kammern, was folgt: 
Artikel 1. 
Die Artikel 94 und 95 der Verfassungsurkunde vom 31. Jannar 1850 
sind aufgehoben. 
An deren Stelle treten folgende Bestimmungen: 
Artikel 2. 
Bei Verbrechen erfolgt die Entscheidung über die Schuld 
des Angeklagten durch Geschworene, insoweit ein mit vor-
	        
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